Johann Pachelbel

Werke für Orgel und Cembalo

Verlag/Label: klanglogo KL1519 (2017)
erschienen in: organ 2018/02 , Seite 58

4 von 5 Pfeifen

Der vorzügliche, aus Budapest gebürtige Cembalist und Organist Márton Borsányi (geb. 1984), Absolvent der renommierten Schola Cantorum Basiliensis, legt mit seiner ersten Solo-CD einen Querschnitt durch das Tastenmusikwerk des berühmten Nürnberger Barockkomponisten Johann Pachelbel vor. Dies ist insofern besonderer Erwähnung wert, als Pachelbels Tastenmusik heute eher selten Gegenstand von Tonträger-Produktionen ist. Warum eigentlich?
Pachelbel zählt zu den bedeutenden Meistern des späten 17. Jahrhunderts, seine beruflichen und biografischen Lebensdaten lesen sich imposant (Nürnberg, Regensburg, Wien, Eisenach, Erfurt, Stuttgart, Gotha, wieder Erfurt) und die Qualität seines persönlichen kollegialen Freundeskreises kann sich gleichermaßen sehen lassen (Johann Chris­toph Bach, wahrscheinlich Johann Jakob Froberger, Dieterich Buxtehude und Ferdinand Tobias Richter aus Wien). Pachelbels künstlerisches Wirken umfasst alle gängigen Gattungen der Zeit: Kammermusik, Chorwerke für den festlichen liturgischen Gebrauch, (Choral-)Variationszyklen, freie Formen wie Toccaten und Fantasien und vieles mehr. Die Wertschätzung der Zeitgenossen (J. S. Bach!) war ihm sicher. Sollte Pachelbel heute also unterschätzt werden, so liegt es wohl kaum an der Qualität seiner Musik, eher an der – nicht immer sonderlich gerechten – Rezeptionspraxis.
Márton Borsányi ist es hier gelungen, eine überzeugende Lanze für die Pachelbel’sche Musik zu brechen. Er versteht es, die kompositorischen und musikalischen Qualitäten der eingespielten Werke deutlich und lebendig zu Tage treten zu lassen. Das eingesetzte Instrumentarium ist erstaunlich minimalis­tisch bis spartanisch: Eine klanglich überzeugende Kopie eines Couchet-Cembalos von 1679 und ein nach Mensuren des Nürnberger Orgelmachers Nicolaus Manderscheidt konzipiertes Orgelpositiv aus der Werkstätte von Peter Meier (Rhein­felden/Schweiz) unterstützen Borsanyis Darstellung in überzeugender Weise. Das Couchet-Cembalo besitzt – ähnlich gewissen süddeutschen Exemplaren – neben einem Vier-Fuß-Register nur einen Acht-Fuß-Saitenbezug, der durch verschiedene Registerrechen unterschiedliche Klänge zu erzeugen vermag; die Kleinorgel verfügt ausschließlich über sehr weich und charakteristisch klingende Holzpfeifen.
Neben kluger und sensibler Artikulation gelingt es dem Interpreten, eine rhetorische „Klangrede“ in angemessener Ruhe und mit Überzeugungskraft zu kreieren. Ein „Schmankerl“ ist die Toccata in C (P 454), die von Borsanyi zweimal am Cembalo gespielt wird – einmal mit und einmal ohne Dämpfung. Das wohl bedeutendste Werk der Aufnahme, die Suite in e-Moll (P 436), wurde mit einer zweiten Courante vervollständigt, die gemäß der unklar überlieferten Quellenlage der Suite vielleicht sogar aus der Feder Frobergers stammt. Die angenehm natürlich klingende Aufnahme aus der Kirche Sankt Martin in Egerkingen (Schweiz) empfiehlt sich jedem geneigten Orgel- und Tastenmusikfreund, der sich gerne mit entsprechender Musik des späten 17. Jahrhunderts beschäftigt.

Christian Brembeck