Werke von J. S. Bach, Johann Kuhnau, W. A. Mozart und György Kurtág

Vom Reden und Klingen

Laurens de Man an der Con­tius-Orgel St. Michael in Leuven (Belgien)

Verlag/Label: Globe Records GLO 5286 (2024)
erschienen in: organ - Journal für die Orgel 2025/01 , Seite 61

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Laurens de Man (geb. 1993), Titularorganist an der Bätz-Witte-Orgel (1861, II/19) der Janskerk in Utrecht, unterrichtet in Amsterdam und Utrecht. 2022/23 war er „Organist in Residentie“ der Contiuskopie (2021, II/38, Nachbau durch Flentrop und Joris Potvlieghe aus Tollenbeek) in der ehemaligen Jesuitenkirche St. Michael in Leuven (kriegszerstört, als Ausstellungs- und Eventraum wiederaufgebaut). Das Vorbild der Orgel (1779) steht in der Dreifaltigkeitskirche in Liepaje (Libau, Lettland); es wurde 1885 von Karl Barnim Theodor Grüneberg zur damals größten Orgel der Welt mit 131 Registern erweitert. Bis auf die Schleierbretter ist die Kopie fertig – und ein wahrer Ohrenschmaus!
Heinrich Andreas Contius (1708–95) war Sohn des Orgel­bauers Christoph Cuntzius (1676–1722) in Halle. 1732 war er Geselle bei Joachim Wagner, seit 1736/37 wirkte er in Halle und Umgebung. Vom 12. Januar 1748 datiert das bekannte Empfehlungsschreiben J. S. Bachs für einen Orgelneubau in Frankfurt an der Oder. 1760 ging Contius nach Riga im russländischen Gouvernement Livland, wo er 1773 den Auftrag für den einzigen von ihm erhaltenen Neubau in der Dreifaltigkeitskirche in Libau im Herzogtum Kurland erhielt; diesen erweiterte Karl Barnim Theodor Grüneberg 1885 zur damals größten Orgel der Welt mit 131 Regis­tern. In Wolmar/Livland eröffnete Contius 1780 zusammen mit seinem Schwiegersohn Johann Andreas Stein d. J. (1752–1821) aus Heidelsheim (Baden) eine Werkstatt. Contius gilt als der bedeutendste Orgelbauer des Baltikums im 18. Jahrhundert, erhalten ist auch sein Prospekt von 1763 in der St.-Jakobs-Kathedrale in Riga.
Eingespielt hat Laurens de Man „Programmmusik“ von Bach (Capriccio, BWV 992) und Kuhnau (Hiskias sowie David und Goliath), dazu drei Sätze aus Bach-Kantaten, fünf Titel aus György Kurtágs Játékok (Mini-Klavierstücke, komponiert zwischen 1973 und 2017), Mozarts f-Moll-Fantasie, KV 594, und Praeludium und Fuge C-Dur, BWV 547, denen allen er Geschichten zuschreibt. So interessant der poetische CD-Titel klingt, so ist diese Auswahl doch nicht unbedingt plausibel. De Man spielt schnörkellos, engagiert sympathisch ohne übertriebene Tempi, mit lockeren Verzierungen. Immer überzeugend ist aber die schöne Orgel, de Man zieht gerne die edlen Plena der drei Werke, mischt ebenso gerne der Epoche entsprechend auch die labialen 8’-Register mehrfach und bringt die Zungenstimmen charakteristisch ins Spiel. Das etwas schmal geratene Booklet (nur englisch) bringt alle nötigen Daten; zu den ausgewählten Kurtág-Stücken wären mehr Informationen am Platz gewesen.

Rainer Goede