Thierry Mechler

Triptychon-Organum

für Orgel solo op. 15

Verlag/Label: Dr. J. Butz, BU 2906
erschienen in: organ – Journal für die Orgel 2019/02 , Seite 57
Der Kölner Orgelprofessor Thierry Mechler komponierte mit Triptychon-Organum ein Auftragswerk für den Cartellverband der katholischen deutschen Studentenverbindungen. Den drei Sätzen liegt ein Text von Pater Drutmar Cremer OSB (Maria Laach) über den Wahlspruch des Verbandes „In necessariis unitas – In dubiixs libertas – In omnibus caritas“ („Im Notwendigen herrsche Einheit, im Zweifel Freiheit, in allem aber die Liebe“) zugrunde.
Das Marie-Claire Alain gewidmete I. Offertorium „In necessariis unitas“ kombiniert Grundstimmen und Farben. Es kontrastiert einstimmige Linien mit Mixturakkorden, auskomponierte Linien mit Laufwerk. Die ausgefeilten Registrierungen stellen oft Klangpaare einander gegenüber: Cornet gegen Trompette, Cor de nuit gegen Flûte. Voix céleste gegen Trémolo.
II. Communio „In dubiis libertas“, André Isoir gewidmet, präsentiert das Thema „Lauda Sion“ solis­tisch im Pedal und wechselt es mit auskomponierten Abschnitten ab. Bemerkenswerte Trillerketten mit 32’ im Pedal werden von den Händen aufgegriffen und weitergeführt. Die Musik bleibt mystisch zurückgezogen.
Der Michel Chapuis gewidmete III. Teil Postludium „In omnibus caritas“ ist eine kraftvolle Toccata. Hier treten stark kontrastierende Abschnitte auf – zurückgenommene Akkorde im Schwellwerk sowie virtuose Läufe mit Liegeklängen. Der Komponist schreibt darüber: „In einem Strudel flackernder Bewusstseinszustände wird das imaginäre lyrische Thema hin- und hergerissen. Bohrende rhythmische Figu­rationen alternieren mit rasanten Sechzehnteln.“ Gegen Ende würden vehemente Akkorde den zugrundeliegenden Textabschnitt „Liebe ist die allergrößte Frucht der Welt“ von Pater Cremer vermitteln, so Mechler.
Es ist nicht von der Hand zu weisen, dass die Studentenverbindungen in Deutschland nicht immer den besten Ruf haben. Umso mehr verwundert es, dass dieses doch beeindruckende Stück moderner Tonsprache in diesem Kontext entstand. Die für eine dreimanualige, französisch disponierte Orgel komponierte Musik öffnet die Ohren. Sie führt zu neuen inneren und äußeren Klangräumen und ist ein wunderbares Zeugnis großer kompositorischer Poesie.
Dominik Susteck