Werke von J. S. Bach, Georg Böhm und Max Reger

The Kreutzbach Organs

Gregor Meyer an den Kreutzbach-Orgeln der Stadtkirche Johanngeorgenstadt, der Johanniskirche Wiederau und der Pauluskirche Zwickau-Marienthal

Verlag/Label: Genuin GEN 24862 (2024)
erschienen in: organ - Journal für die Orgel 2024/04 , Seite 60

Bewertung: 4 von 5 Pfeifen

Sie steht zu Unrecht im Schatten der klangvollen Namen des Orgelbaus im 19. Jahrhunderts: die Familie Kreutzbach aus dem sächsischen Borna. Dabei schufen Vater Urban, die Söhne Bernhard und vor allem Richard eine stattliche Anzahl hörens- und sehenswerter Orgeln. Friedrich Ladegast erlebte in ihrer Werkstatt seine prägende Gesellenzeit. Deshalb gilt Gregor Meyer gro­ßes Lob, mit seiner CD auf diese Meister aufmerksam zu machen.
Aus deren Schaffen pickte er drei in sehr gutem Zustand befindliche Instrumente heraus und spannte den Bogen von der frühen Urban Kreutzbach-Orgel in Wiederau (1831) bis hin zu einem der letzten Instrumente (1901) von Richard in der Pauluskirche zu Zwickau. Dazwischen steht das zweimanualige Werk in Johanngeorgenstadt (1872). Dieser Spannungsbogen ist deshalb bemerkenswert, weil dadurch die stilistische und technische Entwicklung dieser Werkstatt anschaulich wird. Noch ganz unter dem Eindruck von Gottfried Silbermann steht die kleine Orgel in Wiederau, während man in Zwickau in eine sinfonische Klangwelt mit pneumatischer Kegelladentechnik eintaucht.
Dieses Dreigestirn macht den besonderen Reiz der Einspielung aus, die in 67 Minuten einen Kurztrip durch die Kreutzbachsche Klangwelt vollführt. Damit tat Meyer einen sehr glücklichen Griff in den Fundus historischer Orgeln. Sein Name steht in erster Linie für einen exzellenten Chor- und Ensemble-Dirigenten. Seit 2007 leitet er den GewandhausChor in Leipzig. Mit seinem Album beweist er sich nun auch als ein sach- und stilkundiger Organist.
Werke von J. S. Bach machen den Löwenanteil der CD aus. Damit liegt man auch bei Kreutzbach nie falsch, wenngleich die Zeitgenossen für diese CD durchaus angemessen gewesen wären. Temperamentvoll und zugleich wohlausgeformt im Detail, auch in der Registrierung, erlebt man Bachs Großwerke BWV 542 und 546, abgerundet von der Partita „O Gott, du frommer Gott“. Mit recht flotten Fingern eilt die Fuge zu BWV 542 dahin, plastisch mittels Manual- und Registerwechseln präsentiert. Mutig ist Meyers Interpretation von BWV 546 auf der kleinen Orgel in Wiederau mit nur I/13. Dadurch gibt er dem Ganzen einen sehr kammermusikalischen Gestus, fernab von massivem und sonst üblichen erdenschwerem Pathos.
Einen ähnlichen, aber dennoch schon andersartigen Eindruck gewinnt man beim Hören der Choralfantasie „Wachet auf“ op. 52/2 von Max Reger auf der Zwickauer Orgel. Es ist ambitioniert, diese Komposition fernab von Kathedralakus­tik mit einer Orgel von nur II/35 einzuspielen. Wer Reger anders im Ohr hat, dürfte trotz Meyers engagiertem Spiel aufhorchen, muss vielleicht gewisse Skepsis eingedenk dieser Situation überwinden und wird dann doch recht angetan sein.
Im knapp gefassten Booklet verzichtete man auf detaillierte Chroniken der Orgeln und Registrierangaben. Locker und leicht liest sich dafür ein Interview zwischen MDR-Redakteur Claus Fischer und Gregor Meyer.

Felix Friedrich