Tabulatura de Johannes de Lublin (1537–1548)

Missa votiva de Beata Maria Virgine. Andrzej Szadejko an der Orgel der Basilika St. Andreas in Olkusz (Polen), Cracow Singers, Ltg. Agnieszka Budzińska-Bennett

Verlag/Label: Dabringhaus und Grimm, MDG 902-2336-6 (2024)
erschienen in: organ - Journal für die Orgel 2025/02 , Seite 58

Bewertung: 4 von 5 Pfeifen

Diese Einspielung ist weit mehr als eine klingende Visitenkarte der von 2015 bis 2018 durch Flentrop Orgelbouw restaurierten Hummel/ Nitrowski-Orgel von 1631 in der Andreasbasilika der südpolnischen Kleinstadt Olkusz. Hier wird eine Auswahl von Orgelsätzen aus der berühmten Orgeltabulatur des Johannes von Lublin, einer der wichtigsten Quellen für frühe Tastenmusik, in jenen liturgischen Kontext gerückt, für den sie einst zusammengestellt worden war. Da die Tabulatur wie üblich die zugehörigen Vokalsätze nicht enthält, wurden diese durch Andrzej Szadejko und Agnieszka Budzińska-Bennett recherchiert und teilweise rekonstruiert. Interessant ist dabei, dass nicht nur mit einstimmigen Versen des Gregorianischen Chorals, sondern auch mit mehrstimmigen Kompositionen alterniert wird, wie sie in der Region verbreitet waren. Bisweilen werden außerdem Gesang und Orgel kombiniert.
So entsteht mit der adventlichen Rorate-Liturgie und einer Marienmesse eine durchaus plausible Hörfolge, die der katholischen gottesdienstlichen Praxis zur Zeit des Tridentinischen Konzils sehr nahe kommen dürfte. Der Hymnus zu Rorate basiert übrigens auf der uns vertrauten Weise „Gottes Sohn ist kommen“ bzw. „Gott durch deine Güte“. Die feierliche Messe enthält sowohl Tropierungen zu Gloria und Sanctus als auch die Sequenz „Congaudent angelorum chori“, ferner ein Credo in Alternatim-Praxis.
Andrzej Szadejko nutzt geschickt die dank der mitteltönigen Temperierung ungemein klare Klangaussage und den enormen Farbenreichtum dieses einzigartigen Zeugnisses einer Orgel der ausgehenden Renaissancezeit, um die typischerweise kleinteiligen Versetten abwechslungsreich zu gestalten. Im Wechsel mit den gesungenen Passagen wirken die cantus firmi besonders schlüssig und sind aus der überaus engagierten Interpretation stets gut herauszuhören. Fantasievoll sind die Zungenregister in viele interessante Registrierungen integriert; leider trüben leichte Verstimmungen bei einigen Schlussakkorden das beeindruckende Klangerlebnis. Ansprechend agieren auch die Sängerinnen und Sänger des Vokalensembles: In den Choraliter-Abschnitten dominiert festliche Würde, ohne Zähigkeit, die Mehrstimmigkeit wirkt dadurch als lebendige Steigerung.
Das Booklet enthält die Regis­trierungen sowie Übersetzungen aus dem Polnischen ins Englische, Französische und Deutsche. Die Texte erläutern Genese und Konzeption dieses gelungenen Experiments. Die Produktion ergänzt somit die organ-CD und die Beiträge zu Olkusz in dieser Ausgabe hervorragend.

Markus Zimmermann

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