Frederick William Holloway

Symphonic organ works

Markus Eichenlaub an der Nelson-Orgel (1904) von St. Bartholomäus, Gackenbach

Verlag/Label: SACD, Aeolus AE-11181 (2019)
erschienen in: organ – Journal für die Orgel 2020/03 , Seite 62
4 von 5 Pfeifen
Der Dirigent, Komponist und Organist Frederick William Holloway (1873–1954) war „organist in residence“, später auch Chor- und Orchesterleiter am berühmten Londoner Crystal Palace. Als Schauplatz der „Great Exhibition“ 1851 im Hyde Park errichtet, wurde dieser 1854 in den Süden Londons umgesetzt – nicht zuletzt, weil er ein attraktiver Konzertort geworden war und bleiben sollte. – Die Stücke, mit denen der Speyerer Domorganist Markus Eichenlaub Holloway porträtiert, zeugen von der Programmausrichtung dieser Konzerte: populäre bis gehobene Unterhaltung für ein breites Publikum. Holloways Konzertstücke zeigen formale Klarheit, gediegenen Kontrapunkt, auch Tastenvirtuosität in schöner Ausgewogenheit. Ähneln sie darin häufig Guilmants Konzertmusik, so war Holloway zweifellos auch mit Wag­ners Harmonik vertraut.
Für die Zeit um den Ersten Weltkrieg, in der wohl die meisten dieser Stücke entstanden, vertrat er damit vielleicht nicht mehr die stilistische Speerspitze; qualitätvolle Konzertmusik ist es trotzdem. Markus Eichenlaub behandelt sie mit großer Sorgfalt und Einfühlung, er gewinnt ihr eine virtuose Eleganz ab, die Holloways Musik zu bester Geltung bringt. Die Sinfonie c-Moll op. 47, Schlusspunkt der Einspielung, fasst in ihren vier Sätzen zusammen, was man in den zehn Konzertstücken zuvor kennenlernt: flüssigen, durchgestalteten und instrumentengerechten Satz, Eingängigkeit und Formbewusstsein. Das Stück lohnt das Hören – selbst wenn man fragen darf, ob die Symphonie ihren Gattungsanspruch letztlich einlöst.
Ebenfalls lohnend ist, auch wegen der ausgezeichneten Aufnahme, die Bekanntschaft mit der Orgel, die dank dem Engagement des Kirchenmusikers Ralf Cieslik die Kirche St. Bartholomäus in Gackenbach als Zweitinstrument ziert. Sie basiert auf einer kleinen Orgel, die H. J. Nelson 1904 für eine nordenglische Kirche baute. 2009 kam sie, auf II/27 erweitert, nach Ga­ckenbach, wo die Trendelburger Firma Krawinkel sie schrittweise auf die heutige Größe von III/47 ausbaute. Erscheint ihre Disposi­tion auf den ersten Blick wenig typisch, so sind es die satten Klänge umso mehr, unter anderem durch geschicktes Ausnutzen des Pfeifenbestands. So dient der 2012 hinzugekommene offene 16’ nicht nur im Great und Pedal, sondern auch als dritter 8’-Diapason im Great sowie, per Quintschaltung extendiert, als Pedal-32’. Hinzu kommen der ebenmäßig-noble, zeittypisch füllige Charakter des originalen Pfeifenwerks und ein vielfältiges Zungen­ensemble, gruppiert um eine originale Trumpet-Reihe 16’-8’-4’ mit 85 Tönen.
Geschmack beweisen Interpret und Komponist in der Verwendung der Tuba von 2017: Charaktervoll und nicht ordinär, erklingt sie nur selten, und selbst dann verzwergt sie das Tutti des geschmeidigen Instruments. Ein schöneres Porträt als dieses durch Markus Eichenlaub könnten sich Orgel und Komponist nicht wünschen.
Friedrich Sprondel