Symphonic Impressions

Werke von Norman Cocker, Percy Whitlock, Charles Villiers Stanford, Sigfrid Karg-Elert, Josef Gabriel Rheinberger und Eugène Gigout

Verlag/Label: ifo records IFO 00312 (2008)
erschienen in: organ 2009/03 , Seite 58

4 Pfeifen

Das einschlägige Orgelrepertoire ist inzwischen nahezu lückenlos auf CD eingespielt, die Orgeltopografie kennt (zumindest hierzulande) kaum noch weiße Flächen. Bleibt als Kauf­anreiz meist nur ein neu in Dienst gestelltes Instrument: im vorliegenden Fall die im Mai 2008 inaugurierte Hauptorgel des geschichts­trächtigen Magdeburger Doms, ein wahrhaft symphonisches Schwergewicht der Potsdamer Orgelbaufirma Alexander Schuke. Passend zur Stilistik des Instruments hat der aus Südafrika stammende Barry Jordan, seit 1994 Kantor und Organist des ersten gotischen Doms auf deutschem Boden, für seine Einspielung überwiegend expressive Werke aus den ers­ten Dekaden des 20. Jahrhunderts gewählt.
Eröffnet wird der Reigen mit Norman Cockers populärer Tuba Tune, ein Prüfstein für jede Hochdruck-Tuba. In sacht fließendem Duktus rückt Jordan dem klanglich eingängigen Werk zu Leibe, meidet dabei allzu übertrieben-affektiertes Pathos. Die eigens in England gefertigte Tuba macht hierbei eine ausgesprochen gute Figur. In der Verbindung aus wahrhaft imperialer Kraft und sonorer Fülle verströmt sie authentisch angelsächsisches Flair am Ost­rand der Magdeburger Börde.
Percy Whitlock ist Orgelinteressier­ten vor allem wegen seiner meis­ter­haften Sonate bekannt. Dabei sind es aber gerade seine kleineren Stü­cke, die zu den echten Pretiosen der englischen Nachromantik zäh­len. Den hier eingespielten drei Miniaturen „Allegretto“, „Folk Tune“ sowie „Scherzo“ aus Five Short Pieces for Organ verleiht Jordan gerade durch seine scheinbar unprätentiöse Herangehensweise eine überaus edle Grandezza, gepaart mit dezent aris­tokratischer Noblesse.
Im weiteren Verlauf des Programms sind es zwischen gelegentlich klang­orgiastischen Ausbrüchen letztlich Einzelstimmen, die das Instrument als gelungenes Meisterwerk des kathedralen Orgelbaus auszeich­nen. Allen voran wäre da die statt­liche Zahl ausgesprochen erlesener Flöten zu nennen, deren teils imponierende, mitunter gar betörende Schön­heit Jordan etwa in Viernes Clair de lune oder Rheinbergers Abendruhe in genüsslich dahinströmender Ruhe auskostet. Aber auch die Sünde kann bekanntermaßen verführerisch schön sein, besonders wenn sie in Karg-Elerts so ganz und gar unprotestantischer Valse Mignonne daherkommt. Jordan nimmt sich mit reichlich Augenzwinkern des Werks an, führt zudem, wie auch in Stimmen der Nacht, delikat-ausgefallene Klangmischungen vor und zehrt aus dem reichen Fundus vornehm zu­rückhaltender Solozungen.
Die Tontechnik ist von gewohnt hoher Qualität, wenngleich sie ein authentisches Raum-Klang-Erlebnis ob derartiger Dimensionen nur bedingt abbilden kann. Das Book­let entspricht in Inhalt und Aufmachung zwar den ifo-Maßstäben, jedoch irritiert die tatsächliche Programmfolge auf der CD den Repertoire-Unkundigen leider erheblich.

Wolfgang Valerius