Symphonic Impressions
Werke von Norman Cocker, Percy Whitlock, Charles Villiers Stanford, Sigfrid Karg-Elert, Josef Gabriel Rheinberger und Eugène Gigout
4 Pfeifen
Das einschlägige Orgelrepertoire ist inzwischen nahezu lückenlos auf CD eingespielt, die Orgeltopografie kennt (zumindest hierzulande) kaum noch weiße Flächen. Bleibt als Kaufanreiz meist nur ein neu in Dienst gestelltes Instrument: im vorliegenden Fall die im Mai 2008 inaugurierte Hauptorgel des geschichtsträchtigen Magdeburger Doms, ein wahrhaft symphonisches Schwergewicht der Potsdamer Orgelbaufirma Alexander Schuke. Passend zur Stilistik des Instruments hat der aus Südafrika stammende Barry Jordan, seit 1994 Kantor und Organist des ersten gotischen Doms auf deutschem Boden, für seine Einspielung überwiegend expressive Werke aus den ersten Dekaden des 20. Jahrhunderts gewählt.
Eröffnet wird der Reigen mit Norman Cockers populärer Tuba Tune, ein Prüfstein für jede Hochdruck-Tuba. In sacht fließendem Duktus rückt Jordan dem klanglich eingängigen Werk zu Leibe, meidet dabei allzu übertrieben-affektiertes Pathos. Die eigens in England gefertigte Tuba macht hierbei eine ausgesprochen gute Figur. In der Verbindung aus wahrhaft imperialer Kraft und sonorer Fülle verströmt sie authentisch angelsächsisches Flair am Ostrand der Magdeburger Börde.
Percy Whitlock ist Orgelinteressierten vor allem wegen seiner meisterhaften Sonate bekannt. Dabei sind es aber gerade seine kleineren Stücke, die zu den echten Pretiosen der englischen Nachromantik zählen. Den hier eingespielten drei Miniaturen Allegretto, Folk Tune sowie Scherzo aus Five Short Pieces for Organ verleiht Jordan gerade durch seine scheinbar unprätentiöse Herangehensweise eine überaus edle Grandezza, gepaart mit dezent aristokratischer Noblesse.
Im weiteren Verlauf des Programms sind es zwischen gelegentlich klangorgiastischen Ausbrüchen letztlich Einzelstimmen, die das Instrument als gelungenes Meisterwerk des kathedralen Orgelbaus auszeichnen. Allen voran wäre da die stattliche Zahl ausgesprochen erlesener Flöten zu nennen, deren teils imponierende, mitunter gar betörende Schönheit Jordan etwa in Viernes Clair de lune oder Rheinbergers Abendruhe in genüsslich dahinströmender Ruhe auskostet. Aber auch die Sünde kann bekanntermaßen verführerisch schön sein, besonders wenn sie in Karg-Elerts so ganz und gar unprotestantischer Valse Mignonne daherkommt. Jordan nimmt sich mit reichlich Augenzwinkern des Werks an, führt zudem, wie auch in Stimmen der Nacht, delikat-ausgefallene Klangmischungen vor und zehrt aus dem reichen Fundus vornehm zurückhaltender Solozungen.
Die Tontechnik ist von gewohnt hoher Qualität, wenngleich sie ein authentisches Raum-Klang-Erlebnis ob derartiger Dimensionen nur bedingt abbilden kann. Das Booklet entspricht in Inhalt und Aufmachung zwar den ifo-Maßstäben, jedoch irritiert die tatsächliche Programmfolge auf der CD den Repertoire-Unkundigen leider erheblich.
Wolfgang Valerius