Gustav Adolf Mankell
Sechs Fantasien für Orgel zu vier Händen
hg. von Siegried Mangold
Gustav Adolf Mankell (1812–80) wurde in Dänemark geboren, verbrachte aber den größten Teil seines Lebens in Schweden und wirkte viele Jahre lang als Organist an der St. Jakobskirche in Stockholm. Er hatte dort als Professor für Orgelspiel an der Königlich-Schwedischen Musikakademie großen Einfluss auf die Entwicklung der Orgelmusik in Schweden, zum einen durch seine zahlreichen Orgelkompositionen und Konzertauftritte, zum anderen, indem er die École d’Orgue von Jacques Lemmens für den Unterricht an der Akademie bearbeitete und sie durch einen umfangreichen Literaturband ergänzte. Dadurch brachte er den französischen Orgelstil nach Schweden, stand aber gleichzeitig auch in der kontrapunktisch-polyphonen Tradition der deutschen Orgelmusik.
Dies zeigt sich in seinen 1878/79 entstandenen Sechs Orgelfantasien für Orgel zu vier Händen, die (abgesehen von der 2. Fantasie in c-Moll) hier erstmals veröffentlicht werden. Die Fantasien sind einfach spielbar, Primo- und Secondopart sind überwiegend zweistimmig gehalten, Pedal wird nicht verlangt (kann aber hier und da an geeigneten Stellen im Secondo angewendet werden). Trotzdem entsteht ein rundes, volles Klangbild.
Wegen der einfachen Spielbarkeit eignen sich die Fantasien sehr gut für alle Organistinnen und Organisten, die sich ohne viel Übeaufwand zum vierhändigen Spiel verabreden möchten. Die Gelegenheit zum gemeinsamen Musizieren auf der Orgelbank ist ja aufgrund der spärlichen Literatur und des alltäglichen Orgeldienstes mit zwei Händen und zwei Füßen nicht allzu häufig. Hier schließt die Neuerscheinung eine wichtige Lücke. – Damit keine Missverständnisse aufkommen: Die Musik ist bei aller Einfachheit gekonnt komponiert, abwechslungsreich, inspiriert und sehr gut für das Instrument geschrieben. Die Fantasien sind einsätzig (daher werden die Taktzahlen zu Recht durchgezählt), aber sie bestehen aus unterschiedlichen Formteilen: Bewegte und lyrische Abschnitte wechseln geschickt ab, und als Schlussteil findet sich immer ein Fugato oder eine Fuge (auch wenn diese Abschnitte nicht immer mit „Fuge“ überschrieben sind). Die Musik ist melodisch und harmonisch sehr ansprechend, kontrapunktisch geschickt gesetzt und sie bringt alles mit, um Spielern und Hörern Freude zu bereiten.
Der Textkommentar von Siegfried Mangold enthält sehr lesenswerte und ausführliche Informationen zur Biografie des Komponisten, zum Entstehungshintergrund der Werke und zu den schwedischen Orgeln aus Mankells Zeit. Ein vorzüglicher kritischer Bericht, zum Teil mit Faksimiles zu interessanten Lesarten der Quellen, rundet die empfehlenswerte Ausgabe ab.
Rainer Mohrs