Wolfram Adolph

Pariser Orgelfreunde

Alexandre Guilmant und Louis Vierne: zwei „Monolithe“ der Nationalen Orgelschule Frankreichs

erschienen in: organ - Journal für die Orgel 2018/03 , Seite 50

Die Künstlerviten der beiden französischen Orgelgrößen Alexandre Guilmant (1837–1911) und Louis Vierne (1870–1937) weisen vielfältige Berührungspunkte und biografische Schnittmengen auf. Der aus der Franck-Schule kommende Vierne profitierte nicht nur musikalisch von Guilmants formal klar struktuiertem Klassizismus (Lemmens-Tradition), sondern ebenso menschlich. Der von Geburt an nahezu blinde Vierne hatte in Paris vielfach unter Invektiven und Intrigen zu leiden, die im Wesentlichen auf seinen einflussreichen Mentor und Förderer Widor abzielten. In Guilmant, Widors Nachfolger am Conservatoire in Paris, fand Vierne nach Francks Tod einen weiteren väterlichen Freund, der es 1896 bei seinem Amtsantritt als Leiter der Orgelklasse seinerseits zur Bedingung machte, dass Vierne als sein Vertreter vom Conservatoire gleichfalls fest angestellt würde.