Thomas Riegler

Originelle Choralvorspiele für Gottesdienst und Konzert

Band 3

Verlag/Label: Strube Edition, VS 3714
erschienen in: organ - Journal für die Orgel 2025/02 , Seite 55

„Als ich in jungen Jahren das Orgelspiel erlernte, fand ich Choralvorspiele oft langweilig“, bekennt Thomas Riegler im Vorwort zum ersten Band seiner Originellen Choralvorspiele. „Seither bin ich immer auf der Suche nach guten Vorspielen und versuche auch selbst welche zu schreiben. Ich finde, ein Vorspiel muss eine Art Appetitanreger für das darauffolgende Gemeindelied sein. Es sollte Lust auf das Lied ma­chen, dessen Charakter treffen und ‚originell‘ sein.“
Die Stücke in der nun dreibändigen Sammlung sind von unterschiedlichem Schwierigkeitsgrad. Er habe, so Riegler, „in die Sammlung diesmal [im dritten Band] viele einfachere Stücke aufgenommen, die auch gut von nebenamtlichen Organistinnen und Organisten gespielt werden können. Außerdem sind ein paar Stücke dabei, die man auch gut auf dem Klavier spielen kann.“
Für neue Lieder ist noch immer viel zu wenig Vorspielliteratur vorhanden. Was aus dieser Literaturlücke gelegentlich im Gottesdienst entsteht, ist grausam. Auch Riegler bearbeitet leider nur wenige neue Lieder, hauptsächlich aber die inzwischen etablierten Schlager des Gemeindegesangs und als Schmankerl im 3. Band Happy Birthday to you, das nach einigen Variationen in Lobe den Herren, den mächtigen König mündet. Rieglers Kompo­sitionen sind (anders als manches auf dem Vorspielmarkt Greifbare) schmissig, spannend, abwechslungsreich, emotional – letztlich gut verwendbar und eine stilistische Bereicherung für jede (kirchliche) Veranstaltung.
„Originell“ meint bei Riegler die häufige Verwendung von Tanzsätzen, z. B. in einer Kinder-Polka (Ja, Gott hat alle Kinder lieb), in einem Osterwalzer (Gelobt sei Gott im höchs­ten Thron), in einem Peace-Rag (Gib uns Frieden jeden Tag) oder in einer Halleluja-Samba (Hallelu’, Hallelu’). Oder er will, dass sein Stück „bewusst etwas schräg klingen soll“, weswegen er in Hört, der Engel helle Lieder (Zünftige Himmelsmusik) das „h im Pedal“ [statt „b“] verlangt – eine leichte harmonische Irritation für die Zuhörer. Gern verwendet Riegler klassische Formen (Pastorale, Fantasie oder Meditation), die er mit neuen, oft unerwarteten harmonischen und motivischen Wendungen bereichert.
Ob nun alle seine Kompositionen (im Sinn des Wörterbuchs) „originell“, also „außergewöhnlich“, „beispiellos“ oder gar „einzigartig“ sind, darüber kann man streiten. Sie sind auch weder „absonderlich“ noch „kauzig“ oder „merkwürdig“. Riegler benutzt das Wort „originell“ unter anderem deswegen, weil das Instrument (ORiGinELl) da­rin enthalten ist. Allerdings sind seine Kompositionen alle „ohriginell“ – also sehr gut hörbar und eingängig.
Alle drei Bände seien hier wärms­tens zur Bereicherung der Kirchenmusik empfohlen. Eine Randbemerkung vielleicht: Wie geht man bei diesen munteren Vorspielen mit dem Choral um, den sie ja einleiten sollen („Appetitanreger“)? Die gängigen Choralbände führen hier eindeutig zu einem Stilbruch. Bräuchte es vielleicht einmal einen Band mit neuen und dazu passenden Choralsätzen?

Ralf-Thomas Lindner

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