Zsigmond Szathmáry

Orgelwerke

Martin Schmeding an der Rieger-Orgel der Abtei Marienstatt (1969/70) sowie an den Orgeln der Lutherkirche Wiesbaden (Walcker, 1911, und Klais, 1979)

Verlag/Label: 2 SACDs, Cybele CYB061807 (2019)
erschienen in: organ – Journal für die Orgel 2019/02 , Seite 62
Aus Anlass seines 80. Geburtstags veröffentlichte das Label Cybele eine Porträt-CD mit Zsigmond Szathmárys Orgelkompositionen, eingespielt von Martin Schmeding. Zudem wirkten der Wiener Organist Wolfgang Kogert, der Schlagzeuger Olaf Tzschoppe, Zsigmond Szathmárys Tochter Anikó Katharina Szathmáry an der Violine sowie der Jubilar selbst musikalisch mit. Dies allein ist ein großartiges Konzept, zudem weil es bisher noch keine Gesamteinspielung des Orgelwerks gab. Die Interpreten sind ausgezeichnete Meister ihres Fachs. Insbesondere Martin Schmeding, Professor für Orgelliteratur an der Hochschule für Musik und Theater „Felix Mendelssohn Bartholdy“ in Leipzig, gilt als vielseitiger Könner. So spielt er auch in dieser Produktion die hochvirtuose Musik mit einer beeindruckenden Ruhe und Selbstverständlichkeit.
Die große Orgel der Abtei Marienstatt verfügt über ein gewaltiges Klangpotenzial. Was beim Hören sofort auffällt, ist die imposante Raumakustik. Bei der kammermusikalischen Cadenza con ostinati (1994) für Orgel und Violine ist das manchmal etwas irritierend. Dies betrifft jedoch weniger die Violine als die raumgreifende Orgel, die selbst in den Grundstimmen massiv auftritt. Insofern ist die Registrierung bei den leisen Stellen häufig im 8’-Bereich, was der farbigen Violinstimme nicht immer gerecht wird. Die Zungen sind ebenfalls in ihrer Strahlkraft fast überbordend. Trotz perfektem Zusammenspiel mangelt es an interessanten Regis­tern. Insofern kann die Orgel die intimen Spieltechniken der Violine nur sehr grobgewaltig spiegeln. Eine Winddrossel scheint nicht vorhanden zu sein; insofern sind die einzigen der Farbigkeit der Musik entsprechenden Orgelflächen mit der Schwebung registriert.
Auch bei weiteren Stücken überzeugen insbesondere die lauten Stellen weniger, während die feinen Zwischenspiele bei B-A-C-H und Feuertaufe mit Tremulanten und Farbregistrierungen den typischen, wunderbaren „Szathmáry-Sound“ herbeizaubern. In Dies irae – Tage des Zorns (2015) gelangen Schlagzeug und Orgel in ein gutes Verhältnis. Auch hier überzeugen die langen Dialogpassagen im leisen Bereich. Alternative Klänge bieten die Bremer Dom-Musik (2013) und Mors et vita (2015), die auf der sehr grundtönig intonierten Walcker-Orgel der Lutherkirche Wiesbaden aufgenommen wurden. Strophen (1988/2001) für Tonband und Orgel nutzt eine Windmanipulation und kommt damit vor allem im leisen Bereich der Vielfalt der Tonbandklänge entgegen.
Zsigmond Szathmáry pflegte in früherer Zeit eine mobile Winddrossel mitzubringen, wenn diese nicht, wie mittlerweile in vielen Orgeln, fest installiert war. Eine solche Ergänzung hätte dem Orgelklang gut getan. Das tut natürlich dem hervorragenden Spiel von Martin Schmeding keinen Abbruch, der mit beiden Instrumenten trotzdem herausragende Ergebnisse erzielt. Angesichts einer ersten Gesamteinspielung ist dies bemerkenswert, wenngleich der Produktion der klangfantastische Charme früherer Szathmáry-Einspielungen etwas abhanden kommt.
Dominik Susteck