Laukvik, Jon (Hg.)

Orgelschule zur historischen Aufführungspraxis, Teil 3: Die Moderne

Verlag/Label: Carus, Stuttgart 2014, 352 Seiten, 80 Euro
erschienen in: , Seite 62
„Es wird spannend, wie sich die Aufführungspraxis der Zukunft gestalten wird!“ – Jon Laukvik, Professor für Orgel an der Staatlichen Hochschule für Musik und Darstellende Kunst in Stuttgart und an der Staatlichen Musikhochschule (Norges musikkhøgskole) in Oslo, weist schon im Vorwort zu Teil 3 seiner Orgelschule zur historischen Aufführungspraxis darauf hin, wie in der Gesamtschau des zur Verfügung stehenden kompositorischen Materials aus Vergangenheit und Gegenwart von Orgelmusik und -interpretation auch neue Wege beschritten werden können. Organis­tInnen sollen auf der Basis neuester Erkenntnisse der historischen Aufführungspraxis ihr Spiel reflexiv-kreativ verändern.
In den Teilen 1 (Barock und Klassik) sowie 2 (Romantik) seines aufführungspraktischen Vademecums hat Laukvik neue Maßstäbe für his­torisch trennscharf zu gestaltendes künstlerisches Orgelspiel gesetzt. Diese innovativ-frischen Ausgaben wurden innerhalb kurzer Zeit zu Standardwerken der Orgelpädagogik. Für Teil 3 hat er als Herausgeber mehrere Partner gewonnen, die in ihren Artikeln über Komponis­ten des 20. und 21. Jahrhunderts Objektivität in die Diskussion um neuzeitliche Orgelkultur bringen: Guy Bovet (Jehan Alain), Hans-Ola Erics­son (Olivier Messiaen), Hans Fagius (Maurice Duruflé), Jeremy Filsell (Marcel Dupré), Bernhard Haas (u. a. Arnold Schönberg, Ernst Krenek, John Cage, György Ligeti sowie Orgelstücke aus den letzten sechzig Jahren) und Armin Schoof (Neoklassizismus).
Teil 3 führt den 2. Teil der Orgelschule unmittelbar fort, der bis zu den Kompositionen Regers, Widors und Louis Viernes reichte. Ähnlich wie in den beiden anderen Teilen bemühen sich der Verfasser und die Co-Autoren um eine exemplarische Auswahl an Komponisten und repräsentativen Kompositionen. In den jeweils im individuellen Duktus der recht unterschiedlichen Autoren verfassten Artikeln finden sich zuweilen auch persönliche Erinnerungen (Fagius), Werkanalysen (Fil­sell) oder Einführendes in Spielpraxis und Klangästhetik Neuer Musik, die auch dem organistischen Amateur leicht ausführbare Zugänge gewähren (Haas). 
Wie in den vorausgegangenen Bänden verlangt dieser letzte Teilband eine intensive Beschäftigung mit der Materie und setzt gute musikhistorische und werkanalytische Kenntnisse voraus. Das didaktische Anliegen von zu schaffenden Rahmenbedingungen der Neuen Musik geht aber in allen Beiträgen Hand in Hand mit expliziten methodischen Anleitungen zur Bewältigung der z. T. komplexen Materie in einem „Aus der Praxis für die Praxis“. Orgellehrer und Orgelstudierende werden hier eine ebenso profunde Fortbildungsveranstaltung genießen können wie aktualisierungswillige haupt- und nebenberufliche OrganistInnen. Eingeschlossen sind stets Reflexionen über neuere orgelbautechnische Entwicklungen und deren Auswirkungen auf bzw. Wechselbezüge zu zeitgenössischen Orgelkompositionen. Der umfangreiche, im editorischen Anspruch auf hohem Niveau stehende Band wird ebenso umfangreich durch ein Verzeichnis „Neue Orgelmusik – Komponisten, Kompositionen und Literatur“ wie einen praktikablen Index ergänzt, dazu gesellt sich vielfältiges Material.
 
Wolf Kalipp