Thomas Augustine Arne

Organ Concertos (1751). Reihe „Gdansk Organ Landscape“, Vol. 2

Andrzej Szadejko an der J.-F.-Rohde-Orgel in der Danziger Johanniskirche, Goldberg Baroque Ensemble

Verlag/Label: Dabringhaus und Grimm, MDG 902 2317-6 (2024)
erschienen in: organ - Journal für die Orgel 2024/04 , Seite 59

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Während der Internationalen Orgeltagung der Gesellschaft der Orgelfreunde 2018 in Danzig wurde auch die Kirche St. Johannes Baptist und Evangelist besucht; sie ist mittlerweile Kulturzentrum, in dem weiterhin Gottesdienste gefeiert werden. Dass die Chororgel (II/30) von Johann Friedrich Rhode aus dem Jahr 1761 wieder erstehen würde, war damals noch Zukunftsmusik. 2019 rekonstruierten die Orgelbauer Guido Schumacher (Eupen, Belgien) und Szymon Jaruzskiewicz (Pruszcz Gdanski, Polen) Klangwerk und Technik des Instruments und bauten diese in das erhaltene Barockgehäuse ein. Dabei orientierten sie sich an der Beschreibung in Jakob Adlungs Musica mechanica organoedi (posthum erschienen 1768), die dieser Orgel schon seinerzeit eine gewisse Vorbildfunktion zuwies. Die klangliche Bandbreite reicht von vielen aparten Solofarben bis hin zu satten Plena (mit und ohne Terz) und Trompetenklängen und war von Anfang an auf Ensemblemusik angelegt. Besonders die fünf labialen Grundstimmen im Hauptwerk greifen süd- und mitteldeutsche Traditionen auf.
Somit sind die bislang noch wenig bekannten Orgelkonzerte des britischen Komponisten Thomas Augustine Arne (1710–78) eine vortreffliche Wahl. In ihrem galant-spätbarocken Duktus mit schmissigen Motiven stehen sie einerseits noch in der Tradition von Händels Orgelkonzerten, weisen jedoch in einigen Wendungen schon deutlich in die Klassik. Ausgedehnte Soli, aber auch mit dem Orchester eng verzahnte Abschnitte bieten Orgel wie Interpreten vielfältige Möglichkeiten der Integration und der Entfaltung. Davon macht Andrzej Szadejko ausgiebig und freimütig Gebrauch, indem er ungemein vielfarbig und differenziert registriert: vom dichten Prinzipalklang im langsamen Mittelsatz, über duftige Flöten bis hin zu kraftvollen Plena in den schwungvollen Schlusssätzen; Letztere versteht der Interpret mitreißend zu steigern. Entspannt und heiter ist seine unprätentiöse Spielweise, was ebenso für das zupa­ckend musizierende Goldberg Baroque Ensemble gilt. Wurden Orgelkonzerte bis vor einigen Jahren eher monoton mit dünnen Klängen kleiner Register bestritten, so haben wir hier einen Orgelpart, der kongenial mit dem Orchester interagiert und zu einem beschwingten Vergnügen wird.
Im dreisprachigen Booklet (englisch, französisch, deutsch) sind sämtliche Registrierungen vermerkt. Außerdem zeigt Andrzej Szadejko eine mutmaßliche, so doch sehr reizvolle Verbindung zwischen der Hansestadt Danzig und England auf: Das größte Mietshaus der Stadt gehörte Engländern und besaß eine Kapelle, eine Orgel und einen Konzertsaal. Es ist daher gut vorstellbar, dass Arnes Musik bereits im 18. Jahrhundert dort erklungen ist.

Markus Zimmermann