Emerita Jakobs-Malin
Obertöne der geistigen Freiheit
Blumen-/Planetenklänge – Musik aus Tao
Moderne Kompositionen für Naturwissenschaftler, Astronomen und Mathematiker, zum Tüfteln und Spielen sind eher selten, auch bei zeitgenössischen Komponisten. Solche Werke schuf aber die Komponistin Emerita Jakobs-Malin und schickt in einem umfangreichen Vorwort ausführliche naturwissenschaftlich-astronomisch-mathematische Erklärungen vorweg. Als Hinweis zeigt bereits das Titelbild des in Ringbindung erschienenen Werks zwischen Abstraktion und Figürlichkeit: Erde, Mond und eine Königskerze.
Jakobs-Malin will darin philosophische, mystische und symbolische Bezüge miteinander kombinieren. Dabei unterteilt sie diese in zwei Hauptsäulen: die Formensprache der Musik und ihre Farbigkeit (Obertonreihe) sowie die Formensprache der Pflanzen. Dafür waren Studien zu pflanzlichen, planetarischen und schwingungsrelevanten Gegebenheiten notwendig. Dabei suchte sie nach der Verbindung zwischen Botanik, Astronomie und Tönen. Über die Planetenreihe von Titus Bode gelang ihr eine Verbindung der Obertonreihe und der Reihe der Primzahlen. Sie stellte eine Liste mit Blumen und deren charakteristischen Eigenschaften auf und brachte diese in Bezug zu den entsprechenden Planeten. Inspiriert hat sie aber insbesondere die taoistische Geschichte Das Saitenspiel des Gelben Kaisers.
Neben den Kompositionen findet sich noch eine Analogien-Tabelle zu Primzahlen, Blumen, Planeten, der astronomischen Einheit, der Teilung, dem Intervall, der Obertonreihe, der Untertonreihe, den Seelenstufen, den Tugenden, dem Mensch, der Musik und der taoistischen Geschichte. Wer sich so weit durch das scheinbare Wirrwarr der Wissenschaften gewunden hat, findet nun auch die Kompositionen, die ja Kernpunkt der Ausgabe sein sollen. Verständlich ist es, wenn der spielwillige Organist inzwischen das Interesse an diesen Werken verloren hat, so verworren wie die ganze Vorgeschichte denen erscheint, die weniger in Naturwissenschaften, Mathematik und Astronomie bewandert sind.
Leider wird im Vorwort nicht verraten, aus welchen Beweggründen die Komponistin sich ihren Werken auf diese Weise genähert hat. Auch zum Lebenslauf von Emerita Jakobs-Malin findet sich nichts; so weiß man auch nicht, ob es sich um ihr Erstlingswerk handelt und wie sie zu den verknüpften Wissenschaften steht.
Nun zu den sieben Kompositionen, die alle nach Blumennamen im Bezug zu Planeten benannt wurden und im mittleren Schwierigkeitsgrad stehen. So heißen diese nach der Kugeldistel, der Glockenblume, der Königskerze, der Rose, dem Hahnenfuß, der Tulpe und den Gräsern. Die Orgelkompositionen aus dem Jahr 2021 finden sich auf 34 Druckseiten mit deutschen Spielanweisungen und Erklärungen, stehen in eher ungewöhnlichen Taktarten und sind tonal angelegt. Der Interpret soll sich den Intentionen in Spielweise und Registratur nähern. Ein Band für Kenner und Liebhaber der Naturwissenschaften, der Mathematik und der Astronomie, der mehr durch Konzepte überzeugt als durch musikalische Durchschlagskraft.
Claudia Behn