Sigfrid Karg-Elert

Music for Piano and Organ

Verlag/Label: Toccata TOCC 019 (2017)
erschienen in: organ 2018/02 , Seite 60

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Die Pianistin Annikka Konttori-Gustafsson (geb. 1953) studierte in ihrer Heimat Finnland sowie in Detmold und Berlin. Sie beschäftigt sich nicht nur mit finnischer Musik – ein weiterer ihrer Schwerpunktfe ist die Musik Messiaens. Sie konzertiert in Europa und den USA, außerdem unterrichtet sie in Finnland und gibt dort wie auch in Deutschland Kurse. Der Organist Jan Lehtola (geb. 1972) arbeitet mit zahlreichen Orchestern und mit den Dirigenten Juha Kangas, Kent Nagano, Sakari Oramo, Leif Segerstam, Muhai Tang und Osmo Vänskå. Er zählt zu den auch international erfolgreichsten finnischen Organis­ten seiner Generation.
Das im Original geforderte, äußerst vielseitige Kunstharmonium ist tatsächlich weit entfernt von den gewohnten Instrumenten gleichen Namens, die – als mehr oder weniger dürftige „Psalmenpumpe“ verspottet – oft in kleinen Kirchen, puritanischen Betsälen und kommunalen Friedhofskapellen bedient werden mussten und ein musikalisches Schattendasein weitab jeder echten musikalischen Ambition fris­teten. Die bei dieser Aufnahme anstatt des Kunstharmoniums verwendete Orgel wurde 2013 von Veikko Virtanen Oy gebaut und besitzt 26 Register auf zwei Manualen und Pedal. Ihre Disposition weist dezent in die Klangwelt der Romantik, vor allem im II. Manual. Auf der CD erscheint die Orgel bezüglich ihrer klanglichen Charakteris­tik durchaus orchestral, dem Kunst­harmonium nicht unähnlich. Der japanische Flügel (Yamaha C 6) klingt indes nicht ganz so rund bzw. brillant wie die großen Konzertinstrumente von Steinway oder Bösendorfer.
Der CD-Titel führt leicht in die Irre, denn als „originaler“ Komponist erscheint mindestens zu einem Drittel des eingespielten Programms der Finne Jean Sibelius. Mit ihm und seiner Suite Pelléas and Mélisande op. 46 (1905) beginnt die Aufnahme. Im Original verlangt sie kleine Holzbläserbesetzung, etwas Schlagzeug, Pauken und Streicher. Es ist eine freundlich-gefällige Mu­­sik in acht Sätzen, absolut nicht vergleichbar mit der fein gesponnenen, emotionsgeladenen Oper Debussys über das gleiche Thema. Am Schluss der CD steht noch ein „Andante cantabile“ Sibelius’ (op. 30b).
Karg-Elert hat gerne und recht viele Werke anderer Komponisten bearbeitet, etwa Richard Wagners. Pelléas and Mélisande richtete er für Harmonium, sein bevorzugtes Instrument, und Klavier ein. Die Poesien op. 35 und die Silhouetten op. 29 sind Originalwerke Karg-Elerts für Klavier und Harmonium. Sie geben sich konzeptionell deutlich geistreicher und dramatischer als die ausgewählten Sibelius-Bearbeitungen. Bei jenem herrschen große sinfonische Gesten vor: musikalisch-klang­lich aaußergewöhnlich packend mit der genialen Vielzahl an Gebärden, zu denen Karg-Elert bekanntlich fähig war.
Das Booklet (auf Englisch) erzählt von der Stellung der Orgel in der Gesellschaft, vor allem ab 1850, und berichtet von den aufgenommenen Werken, den Komponisten, den begeisternden Interpreten, der Orgel-Disposition und gibt einige technische (Aufnahme-) Hinweise.

Klaus Uwe Ludwig