Bach – Brahms – Scarlatti – Usandizaga
Keyboard Music from Three Centuries
Heinrich Walther an der Grenzing-Orgel der Pfarrkirche San Pedro Apóstol in Pola de Siero, Spanien
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Es gibt Orgelregister, die sind so poetisch, charaktervoll und lebendig, so schön, dass man auf ihnen allein stundenlang spielen könnte. Auch wenn der Rezensent die 2013 von der spanischen Orgelbauwerkstatt Gerhard Grenzing erbaute Orgel der Pfarrkirche San Pedro Apóstol im asturischen Pola de Siero noch nicht selbst gespielt hat, verrät schon ihr Klang auf der CD, dass sie gleich über mehrere solcher Register verfügt. Beispielhaft sei die wundervoll hohl-füllige Flauta Chimenea genannt – ein Traum! Die Disposition der Grenzing-Orgel umfasst nur zwölf Register, davon zwei (plus eine Extension) im Pedal und zehn im Manual, von denen acht über Wechselschleifen auch auf einem zweiten Manual gespielt werden können.
Es ist jene Intonationskunst in Verbindung mit einem frei atmenden Orgelwind, einer lebendigen Temperierung („Boyer-Grenzing“) und einer edlen Kirchenakustik, die sich kaum in Worte fassen lässt, den Hörer aber ab dem ersten Ton in ihren Bann zieht. All das führt zu einem extrem lebendigen, wandlungsfähigen, berührenden Klang voll Wärme und Ausdruck, der das Hören der CD zu einem Erlebnis macht.
Großes Verdienst daran hat natürlich auch das äußerst sensible und einfühlsame Spiel des Organisten Heinrich Walther, Orgelprofessor an der Hochschule für Kirchenmusik Heidelberg und Lehrer an der Hochschule für Musik Freiburg. Sein Programm mit Werken von Johann Sebastian Bach, Domenico Scarlatti, Johannes Brahms und José María Usandizaga spannt einen weiten Bogen über die „Klaviermusik“ dreier Jahrhunderte, die durch verschiedene vokale und instrumentale Vorbilder beeinflusst ist und sich ganz frei, „affektvoll und effektvoll“ entfalten kann. Und selbst das auf den ersten Blick als Fremdkörper erscheinende „Andante“ aus Usandizagas Fantasie für Violoncello und Orchester in einer eigenen Orgelfassung Walthers fügt sich nahtlos in die Klänge Bachs, Brahms’ und Scarlattis ein. So wird alles zu „großer Musik“ im Sinne von „innerer Größe“, ein Choralvorspiel von Johannes Brahms genauso wie Bachs Schübler-Choräle, eine Scarlatti-Sonate genauso wie Bachs c-Moll-Passacaglia. Es ist Musik voll poetischer Tiefe, die vom ersten Ton an fesselt.
Ein gelungenes Porträt einer gelungenen Orgel – von Klaus Faika, dem Inhaber des Labels organum Classics, in einem guten Verhältnis von Raum und Nähe, Klarheit und Tiefe akustisch eingefangen. Das ansprechend gestaltete, dreisprachige Booklet (dt./engl./span.) führt mit einem Text von Meinrad Walter anschaulich in die dargebotene Musik ein und stellt die Orgel und den Interpreten vor. Eine CD, die man sich gerne immer wieder anhört!
Gabriel Isenberg