Werke von G. Muffat, G. Frescobaldi, D. Buxtehude, J. S. Bach, J. L. Krebs, G. F. Händel, C. Debussy und M. Reger
Ins Licht
Die Orgeln im St.-Petri-Dom zu Bremen. Stephan Leuthold, Orgel
Bewertung: 4 von 5 Pfeifen
Auf seinem Album stellt Domorganist Stephan Leuthold die fünf Orgeln des Bremer Doms vor – in einer musikalischen Wanderung von Osten nach Westen. Im weitläufigen Dom mit seiner bewegten Baugeschichte entsprechen den fünf Orgeln auch fünf unterschiedliche Räume, deren jeweilige Akustik Klaus-Jürgen Kamprads Aufnahme angenehm plastisch einfängt.
Den Anfang macht die Orgel im Hochchor, erbaut 2002 von Kristian Wegscheider. Vorbilder sind Silbermanns einmanualige Orgel auf Prinzipal 8’, und in Muffats Toccata VIII aus dem Apparatus, von Leuthold klar und lebhaft gespielt und registriert, zeigt sie schöne Balance aus Fülle, Helligkeit und Artikulation. Weiter geht es in der Ostkrypta, wo eine Holzpfeifenorgel Gerrit Klops von 1991 steht, erbaut als italienischer „organo di legno“. In der „Canzon dopo l’epistola“ der Sonntagsmesse und der „Bergamasca“, beide aus Frescobaldis Fiori musicali, demonstriert Leuthold die delikate Ansprache der Holzregister und die Leuchtkraft des Ripieno. Erfreulich auch hier: Leutholds atmend gliederndes, singend artikuliertes Spiel.
Es folgt die Vorstellung der „Bach-Orgel“ der Gebrüder van Vulpen von 1966 an der Ostwand des Nordschiffs. Ihre schlanke Schärfe, kombiniert mit charaktervollen Zungenregistern, weist sie in Dietrich Buxtehudes d-Moll-Toccata BuxWV 155 – großzügig rhetorisch gegliedert – und Bachs Choral „Herr Jesus Christ, dich zu uns wend’“ BWV 709 als gelungenes Instrument des Neobarock aus, freilich mehr norddeutsch als thüringisch geprägt. In der brillant gespielten Guilmant-Bearbeitung der Kantatensinfonie aus BWV 29 zeigt sie in gleißenden Plena ihr neoklassisches Gesicht.
Das farbkräftige Silbermann-Positiv in der Westkrypta, erbaut für Etzdorf 1733, restaurierte Kristian Wegscheider 1993 und gab ihr dabei die in Wallroda original erhaltenen Register Rohrflöte 8’, Rohrflöte 4’ und Octava 2’ wieder. Ihren in der niedrigen Krypta besonders lebhaften Klang, einschließlich des intensiven Tremulanten, stellt Leuthold mit eine kurzen Orgelmesse vor: den Manualiter-Kyriesätzen aus Bachs 3. Teil der Clavierübung und Praeambulum und Fughetta über „Allein Gott in der Höh sei Ehr“ aus Krebs’ Clavierübung. Besonders schön klingen hier zwei Sätze aus Händels Cembalosuite Nr. 2.
An der Sauer-Orgel von 1894/ 1905 auf der Westempore, nach Umbauten 1939 und 1958 von Christian Scheffler 1993 restauriert, erklingt eine weitere „Bergamasca“: „Clair de lune“ aus Debussys Suite bergamasque, schimmernd in den Sauerschen Streicherfarben. Hauptstück ist Regers „Wachet-auf“-Fantasie op. 52, 3. Auch hier findet Leuthold überzeugende Farben und eine dichte, expressive Spielweise, die diesem „wilden Reger“ vollkommen entspricht. Allerdings wirkt die Westorgel, bei intensiven Farben in mittlerer und hoher Lage, in der Aufnahme klanglich etwas distanzierter – vielleicht eine Eigenart des Raums; es lohnt der Vergleich etwa mit Weinbergers (cpo) oder Schmedings (Cybele) Reger-Aufnahmen. Das Booklet enthält die Disposition, eine kurzgefasste Baugeschichte und Bilder zu jedem Instrument.
Friedrich Sprondel