Frescobaldi, Girolamo

Fiori Musicali (1635)

Maurizio Croci an der Marco Fratti-Orgel (2008) der Dreifaltigkeitsbasilika in Bern; Ensemble Stirps Jesse

Verlag/Label: Stradivarius STR 33896 (2011)
erschienen in: organ 2012/01 , Seite 56

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Girolamo Frescobaldis  (1583-1643) liturgisches Opus mag­num an einer detailgetreuen Replik einer italienischen Renaissance-Orgel, interpretiert von einem ausgewiesenen Experten für Alte Musik – und unter Mitwirkung einer durchaus renommierten Choralschola: dies weckt schon im Vorfeld hohe, wenn nicht gar höchste Erwartungen beim Hörer.
Was den Organisten Maurizio Croci betrifft, so vermag er diesen Erwartungen vollauf gerecht zu werden, auch wenn der initiale Eindruck eines etwas unorganisch anmutenden „Stop and go“ in der ers­ten Toccata noch nicht restlos überzeugt. Umso glücklicher gelingen die kontrapunktischen Sätze, im Detail höchst differenziert und durchsichtig artikuliert, ohne dass jemals der größere Zusammenhang verloren geht. So unakademisch und spielfreudig aufgefasst hört man die Musik des großen Girolamo Frescobaldi nur selten!
Vergleichsweise weniger eindeutig vorteilhaft präsentiert sich auf dieser Einspielung die Chororgel der Dreifaltigkeitsbasilika Bern. 2008 als typisch italienische 12’-Orgel im Stile Antegnatis durch Marco Fratti erbaut, entspricht sie natürlich den Anforderungen an ein stilgerechtes Instrument. Respekt verdient auch die Konsequenz, mit der hier eine doch recht eingeschränkte Stilorgel realisiert wurde. Allein das klangliche Ergebnis mag am Ende das Ohr nicht so recht erfreuen: Das Ripieno ist eine Spur zu grell, die Ansprachegeräusche der Grundstimmen sins doch eher störend. Die Milde und klangliche Patina historischer Instrumente vermisst der Hörer stellenweise schmerzlich. Daneben erklingen aber sehr reizvolle Farben, wie eine hübsche kurzbecherige Zunge in der Canzona dopo la Pistola aus der Madonnenmesse.
Die Kyrieversetten (in Auswahl) werden alternatim musiziert. Die Choralteile, vom Ensemble Stirps Jesse vorgetragen, gestalten sich für den Hörer in dieser Form allerdings mehr als gewöhnungsbedürftig. Langsam, geradezu statisch-gelähmt und rhythmisch völlig egalisiert präsentiert die Schola hier die bekannten gregorianischen Melodien. Nun mag einiges dafür sprechen, dass diese Melodiefassungen und Interpretationsmerkmale einen Choralstil des frühen 17. Jahrhunderts repräsentieren, schließlich gehört die Editio Medicea auch in dieses Umfeld – schöner und lebendiger wird es dadurch nicht.
Der lesenswerte Begleittext ist in englischer, französischer und italienischer Sprache abgedruckt.

Axel Wilberg