Werke von Franz Schmidt, Johann Jacob Froberger, Johann Sebastian Bach, Robert Schumann, Johannes Brahms, Anton Bruckner, Leoš Janáček und Max Reger

Die Hausorgel von Franz Schmidt, Vincze Mozsny, 1909

Ein Klangportrait mit Roman Summereder

Verlag/Label: Ambiente Audio, ACD-1108 (2025)
erschienen in: organ - Journal für die Orgel 2025/02 , Seite 61

Bewertung: 4 von 5 Pfeifen

Als musikalischer Nachklang zum 150-jährigen Geburtstag des 1874 in Pressburg / Bratislava geborenen und 1939 in Perchtoldsdorf bei Wien verstorbenen Komponisten Franz Schmidt erschienen zwei CDs, die das Orgelschaffen des Komponisten auf unterschiedliche Weise eindrucksvoll beleuchten. Der frühen Prägung durch den Franziskanerpater und Organisten Felizian J. Moczik steht Schmidts relativ spät einsetzende Komposition von Orgelwerken entgegen, die am Ende seines Lebens abseits von Symphonien, Opern und dem Oratorium Das Buch mit sieben Siegeln rund die Hälfte seines Œuvres einnehmen sollten.
Die erste CD ist ganz ausgewählten Orgelwerken Schmidts gewidmet: Es handelt sich um einen Live-Mitschnitt der Doyenne der österreichischen Organisten, Elisabeth Ullmann, aus dem Jahr 1989, der nun in der Reihe der „Archivbestände“ bei Gramola veröffentlicht wurde. Neben den Variationen und Fuge über ein eigenes Thema von 1916, die als eines der ersten Orgelwerke Schmidts an seine zeitgleich entstandene Oper Fredigundis anknüpfen, enthält die Produktion die Nr. 3 G-Dur aus der Sammlung der Vier kleinen Präludien und Fugen (1928), deren dreistimmige Fuge Ullmann mit höchster spieltechnischer Präzision meistert. Zu Franz Schmidts Spätwerk gehört Präludium und Fuge A-Dur (1934), dessen pastoralen Charakter Ullmann durch die Wahl des Soloregisters feinsinnig hervorhebt.
Die große Walcker-Orgel der Wiener Votiv-Kirche aus dem Jahr 1878 entspricht mit ihren 3782 Pfeifen und 61 Registern auf drei Manualen ganz dem spätroman­tischen Klangideal. Noch immer scheint der Geist Anton Bruckners, der bei der Orgelabnahme teilnahm, bei der größten original erhaltenen Orgel der schwäbischen Werkstatt aus dieser Zeit spürbar, besonders in den Vier kleinen Choralvorspielen (1926). Die schlichte ästhetische Wirkung der evangelischen Kirchenlieder entfaltet sich hier in reizvollem Gegensatz zu den imposanten Raum-Klang-Wirkungen der Votivkirche.
Auch bei der zweiten CD gehören diese Preziosen der Orgelliteratur zu den musikalisch eindrucksvollsten Stücken. Das hier verwendete Instrument ermöglicht ganz andere (Klang-)Wirkungen, handelte es sich doch hierbei um Schmidts eigene Hausorgel, die nach der Restaurierung von Wolfgang Karner 2022 auf der Seitenempore der Kirche St. Ursula, der Hauskirche des Instituts für Orgel, Orgelforschung und Kirchenmusik der Wiener Musikuniversität mdw, aufgestellt ist. Erbaut wurde das Instrument nach Schmidts Dispositionsvorgaben vom Pressburger Orgelbauer Vincze Mozsny (1844–1919) in den Jahren 1908/09. Da aus dieser Entstehungszeit Orgelwerke von Schmidt fehlen, ist es naheliegend und kenntnisreich von Roman Summereder, das Klangporträt der Hausorgel mit anderen Kompositionen zu bereichern: Sein Streifzug führt mit Werken von Froberger, Bach, Brahms, Reger,
Janáček und Bruckner durch ein Repertoire, das Schmidt selbst an seinem Instrument gespielt haben könnte. Summereder gelingt es auf eindrucksvolle Weise, den intimen Charakter der ehemaligen Haus­orgel mit ihrer „kultivierten grundtönigen Disposition“ und „roman­tischen Intonation“ und, trotz des Einbaus von Schleiflade und mechanischer Traktur, progressiv ausgerichteter Technik (Booklet, S. 4) für sein Spiel zu nutzen.
Beide nicht nur für Schmidt-Kenner empfehlenswerten Veröffentlichungen verfügen über informativ gestaltete und reich bebilderte Booklets in deutscher und englischer Sprache, in denen die Organisten selbst die Werke besprechen. Da­rüber hinaus wird die Disposition von Schmidts Hausorgel aufgeführt (Wolfang Karner).

Ulrike Aringer-Grau

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