Die Creutzburg-Orgel der St. Cyriakus-Kirche in Duderstadt

Orgelmusik zum Kirchenjahr. Advent, Weihnachten, Fastenzeit, Ostern, Pfingsten, Fronleichnam/Eucharistie, Sommerzeit, Rosenkranzmonat Oktober, Allerheiligen/Allerseelen, Wiederkunft, Nachspiel

Verlag/Label: Ambiente ACD-1031 (2008)
erschienen in: organ 2009/04 , Seite 48

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Will ein liturgischer Organist seine Orgel in ihrer ganzen Klangvielfalt der Öffentlichkeit vorstellen, bietet sich naherliegenderweise an, dies während eines musikalischen Rund­gangs durch das Kirchenjahr zu
bewerkstelligen. Als schriftlicher Werkkommentar bzw. Orgelführer dienen die vom Interpreten Paul Heggemann (Jahrgang 1960) selbst verfassten Booklet-Texte, die in knapper Form Werk, Komponisten und zuletzt die Registrierungen jedes Musikstücks wiedergeben. Das vierfarbige Booklet enthält zudem eine konzentrierte Beschreibung der 1731 erbauten Creutzburg-Orgel und ihrer wechselvollen Geschichte, inklusive mehrerer missglückter Umbauten, bis zur gelungenen und offenkundig auch hörbaren Rekonstruktion im Jahre 2006 durch die Firma Hermann Eule in Bautzen. Der Dispositionsplan und ein kurze Vita Heggemanns runden diese Informationen ab.
Die klangliche Reise beginnt mit drei altkirchlichen Hymnenvertonungen zum Advent des Franzosen Titelouze, denen sich – fast unhörbar beginnend – der auf Luthers Nachdichtung des „Veni redemtor gentium“ fußende Bach-Choral „Nun komm der Heiden Heiland“ BWV 659 anschließt. Leider dominieren die c.f.-Register (Spitzflöte 8’ und Quintflöta 3’) im Diskant auf leicht penetrante und hyperquintige Weise. Insgesamt acht Pastorellen von Rathgeber, Königsberger, Messiaen und das Choralvorspiel „Ich steh an deiner Krippen hier“ von Johann Christian Heinrich Rinck geben der Weihnachtsmusik freilich sehr viel Raum, trotz der wunderschön pastoral tönenden kleinen Zungen und Flöten. Heggemann vermag überraschenderweise im Satz „Les Bergers“ (Die Hirten) aus Messiaens Nativité, im Gegensatz zu den Pastorellen von Rathgeber oder Königsberger, nur mit Mühe in die vom Komponisten intendierte meditative Stimmung einzudringen. Bedeutend intensiver bringt er den zu kontemplativer Selbstprüfung mahnenden Affektgehalt von Bachs „O Mensch, bewein’ dein Sünde groߓ (BWV 622) zur Geltung. Eine geistreich-originelle Entscheidung war es, den Rosenkranzmonat Oktober und Schlicks wie ein stilles Gebet klingendes „Maria Zart“ in das CD-Programm aufzunehmen. Hat die festlich strahlende Trompeta 8’ in Bachs „Wachet auf, ruft uns die Stimme“ BWV 645 freilich ihre Berechtigung, so leidet das finale Lentement in Bachs Fantasie BWV 572 in den Schlusstakten unter dem etwas nebulös „dröhnenden“ Pedal.

Christian Ekowski