Die Bente-Orgel im Kloster Walkenried
Orgelmusik im Spiegel des klösterlichen Lebens. Matthias Neumann, Orgel
“Matthias Neumann gelangt immer wieder zu originellen Registrierungen. In seinem unaufgeregt-edlen Spiel findet er eine wohltuende Balance zwischen Gelassenheit und Leidenschaft – ganz im Sinn monastischer Kontemplation mit ihrem langen Atem sowie dem Zusammenwirken von Ruhe und Tat.” (Markus Zimmermann)
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Beeindruckend zeugen die Reste der ehemaligen Zisterzienser-Abtei Walkenried am Rand des Südharzes vom reichen geistlichen Leben dieses Ortes; die Anlage zählt seit 2010 zum UNESCO-Weltkulturerbe. Die behutsam restaurierten Konventgebäude, das Museum und vor allem die evangelische Kirchengemeinde prägen nun den Komplex; Letztere feiert seit 1570 im Kapitelsaal Gottesdienste, auch in Anlehnung an die klösterlichen Tagzeiten. Passend dazu ließ sich Matthias Neumann im Programm seiner CD von Elementen des Offiziums leiten, etwa mit Psalmvariationen Antoni van Noordts, Bachs Magnificat-Fuge oder Buxtehudes Choralbearbeitung „Mit Fried und Freud“, einer Paraphrase des Canticums zur Komplet. Bei anderen Werken wie Mendelssohns Allegro d-Moll, dem „Contrapunctus 14“ aus Bachs Kunst der Fuge oder der 6. B-A-C-H-Fuge von Schumann scheint der Bezug zum Stundengebet nicht unmittelbar gegeben; dennoch fügen sich auch diese Werke in die Dramaturgie ein, ohne eine bestimmte liturgische Form allzu direkt nachzuzeichnen. Besonders schön ist dies am meditativen Agnus Dei von Frank Martin zu erleben, einem Messensatz für Chor, den der Komponist selbst für Orgel transkribierte.
Die 2017 architektonisch und technisch geschickt ins Ostjoch der seitlichen Empore integrierte Orgel von Jörg Bente erfüllt den überschaubaren Kapitelsaal mit fast gleichen Seitenlängen und der zur Stumpfheit neigenden Akustik ideal: Der beachtliche und differenziert intonierte Registerfundus spricht klar und kraftvoll durch die beiden über Eck angelegten Prospekte, jedoch ohne jede Aufdringlichkeit. Der als Professor für Orgel an der Hamburger Musikhochschule wirkende Matthias Neumann versteht dieses Potenzial mit Bedacht zu nutzen und gelangt immer wieder zu originellen Registrierungen (im zweisprachigen Booklet aufgeschlüsselt). In seinem unaufgeregt-edlen Spiel findet er eine wohltuende Balance zwischen Gelassenheit und Leidenschaft – ganz im Sinn monastischer Kontemplation mit ihrem langen Atem sowie dem Zusammenwirken von Ruhe und Tat.
Markus Zimmermann