Josef Gabriel Rheinberger
Chamber Music With Organ
Michela Bergamasco, Violine; Cristina Monticoli, Oboe; Marco Dalsass, Cello; Manuel Tomadin an der Steinmeyer-Orgel der evangelischen Kirche in Triest (Italien)
Bewertung: 4 von 5 Pfeifen
Die Werke Josef Gabriel Rheinbergers (1839–1901) für Soloinstrumente und Orgel gehören zu den Preziosen unter den „Orgel plus“-Kompositionen des 19. Jahrhunderts: Neben den zwei häufiger eingespielten Opera für Violine und Orgel (die sechs Stücke op. 150 und die Suite c-Moll op. 166) existiert ein viersätziger Zyklus für Violine, Violoncello und Orgel op. 149, da rüber hinaus drei Sätze aus op. 150 in einer Originalversion für Violoncello und Orgel sowie zwei Sätze für Oboe und Orgel, darunter einmal mehr die „Pas torale“ aus dem Mittelsatz seiner Sonate a-Moll op. 98, die Rheinberger später auch in Der Stern von Bethlehem eingesetzt hat.
Die Aufnahme des Triester Organisten Manuel Tomadin mit hervorragenden Partner:innen – unter denen besonders die Geigerin Michela Bergamasco besondere Aufmerksamkeit verdient – präsentiert das gesamte Repertoire (mit sämtlichen Dopplungen, die sich aus den Arrangements Rheinbergers ergeben) als bunten Strauß; die hier gewählte Reihenfolge der sechs Stücke op. 150 entbehrt dabei jeder historischen Quelle und irritiert – mehr als der von Rheinberger als großes Finale des Zyklus eingesetzte, aber eben „Ouverture“ überschriebene Kehraus.
Der Begriff „Kammermusik“, den auch diese CD für das hier eingespielte Repertoire verwendet, führt einigermaßen in die Irre – diese Mu sik ist keineswegs für die „Kammer“, sondern in Hinblick auf den Orgelpart immer für ein ausgewachsenes Instrument. Das hier verwendete passt in ganz wunderbarer Weise: Die Steinmeyer-Orgel (II/P/17), die 1874 für die evangelische Pfarrkirche in Triest entstanden ist, ist nicht eben groß, erfüllt aber mit sieben charakteristischen Achtfußregistern im Manual – da runter Streicher von bemerkenswerter Schönheit – die Aufgabe, die der Komponist dem Orgelpart zugedacht hat; hervorzuheben sind vor allem Gambe im I. und Salicional im II. Manual.
In allen hier aufgenommenen Kompositionen ist die Orgel keineswegs nur ein Begleitinstrument. Und anders als von Manuel Tomadin im Booklettext dargestellt, wirkt das Instrument im Raum – so weit dieser hier eingefangen werden konnte – überhaupt nicht dick, sondern höchst transparent. Aber vielleicht war es dieser subjektive Eindruck, der die Musizierenden zu gelegentlich befremdlich lang samen Tempi verleitet hat, die einzelne Sätze recht zäh erscheinen lassen.
A propos Booklet: Es dürfte nicht nur an der Übersetzung liegen, dass der englischsprachige Booklettext eine Fülle von Fehlern enthält – nicht zuletzt zu Leben und Werk Rheinbergers. Dass Angaben zu den in den einzelnen Sätzen gewählten Registrierungen fehlen, mag wiederum der radikalen Kürze der Beilage geschuldet sein.
Birger Petersen