Edvard Grieg

Ballade op. 24

und Geirr Tveitt: Hundrad Hardingtonar. Nils Henrik Asheim an der Orgel der Stavanger Concert Hall

Verlag/Label: LAWO LWV 1151 (2018)
erschienen in: organ – Journal für die Orgel 2019/01 , Seite 63

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Es ist zugegeben eine CD, die sich beim ersten Hören nicht erschließt. Doch auch wenn man sich mehrfach „durchgequält“ hat: am Ende bleibt keine wahre Begeisterung für das Dargebotene. Schon an Griegs Ballade op. 24 scheiden sich seit jeher die Geister, und auch die „100 Volkslieder aus Hardanger“ des hierzulande weitgehend unbekannten Norwegers Geirr Tveitt (1908–81), Schüler von Grabner in Leipzig sowie Honegger und Villa-Lobos in Paris, erschließen sich nicht unbedingt.
Gilt die Ballade op. 24 in Griegs Heimat als das „eigentliche Herzstück der norwegischen Klavierliteratur“ (Einar Steen-Nøkleberg), so war sie etwa in Deutschland heftiger Kritik ausgesetzt, insbesondere was den Aufbau der Variationsreihe betrifft. Doch abgesehen vom formalen Aufbau erschwert der durchgehend melancholische, zuweilen höchst schwermütige Duktus das Hören ungemein. Auch die Bearbeitung und Darbietung von Nils Hendrik Asheim eröffnen keinen wirklichen oder gar besseren Zugang zu diesem Stück. Am Ende bleibt der Eindruck einer zerklüfteten, schroffen Landschaft, durchaus faszinierend und auch beeindru­ckend in ihrer herben Natürlichkeit, aber der große, alles überspannende Bogen will sich nicht einstellen. Es sind letztlich Einzeleindrücke, die bleiben, mehr Fragen als Antworten – was Werk und Wiedergabe wiederum recht lebensnah erscheinen lässt.
Von den 18 vom Organisten ausgewählten Volksliedbearbeitungen Tveitts überzeugen einige durch ihre gekonnt lautmalerische Ausdeutung, die sich durch entsprechende Regis­trierungen bestens auf der Orgel machen. Dann klingt es schon mal urwüchsig, derb-frisch und auch voller Vitalität. Aber insgesamt ist auch hier mehr Dunkel als Licht im Spiel, und nur selten brechen erhellende Momente aus dem tiefen Grau hervor. Auch hier bleibt am Ende nur die Feststellung, dass man trotz relativer geografischer Nähe mental doch recht weit voneinander entfernt zu sein scheint. Und das selbst in der Musik, die hier wie dort ihren Ursprung in den alten Kirchentonarten hat.
Bleiben abschließend noch ein paar Anmerkungen zur Orgel im Konzerthaus von Stavangar, der viertgrößten Stadt Norwegens, und zum Organisten. Das 2012 erbaute Instrument (65 Register) ist das Opus 100 der noch jungen, 1985 gegründeten Firma Ryde & Berg. Die klassisch-symphonische Disposition hinterlässt einen recht überzeugenden Eindruck in angenehmer, nicht zu trockener Saalakustik. In ihrem Timbre steht sie der hier eingespielten Musik sehr nahe: eher dunkel, mit satter, runder Grundtönigkeit, melancholischer Eleganz in den Aliquoten, aber auch kernig-schroff etwa im Chamaden-Werk. Hörbar unangenehm sind leider die extremen Windverwirbelungen in den Kanzellen, die sich insbesondere im schnellen Spiel in den höheren Lagen durch ein aufdringliches, unfreiwilliges „Gurren“ zu Wort melden. – Nils Hendrik Asheim hat in Oslo und Amsterdam studiert und ist seit 2012 Organist am Stavanger Concerthus, wo er ein reges Kon­zert­­leben rund um „sein“ Instrument etabliert hat.

Wolfgang Valerius