Gustav Holst: The Planets / Paul Dukas: The Sorceer’s Apprentice

Arrangements für 2 Orgeln & Schlagzeug

Jörg Endebrock und Susanne Rohn an Orgeln der Lutherkirche Wiesbaden; Konrad Graf, Schlagzeug

Verlag/Label: hd-klassik 3D-001901 (2019)
erschienen in: organ – Journal für die Orgel 2019/04 , Seite 63

Bewertung: 4 von 5 Pfeifen

Orgeltranskriptionen sind derzeit sehr in Mode, und so findet Gustav Holsts meistgespieltes Opus, die Orchestersuite Die Planeten, zunehmend auch in entsprechenden Orgelbearbeitungen seine Spieler- und Hörerkreise. Eine gewisse Affinität seiner Musik zur Orgel verspürte wohl auch schon der Komponist selbst, existiert doch ein vierhändiges Orgel-Arrangement des letzten Satzes „Neptun“ aus seiner Feder.
Jörg Endebrock und Susanne Rohn legen nun zusammen mit dem Schlagzeuger Konrad Graf eine weitere interessante Fassung dieser epochalen Komposition für zwei Orgeln samt Schlagzeug vor. Dies macht durchaus Sinn, denn vier Hände und vier Füße schaffen weitaus mehr, nicht nur primär an Klang, auch an struktureller Differenziertheit. Und auch der Einsatz des Schlagzeugs überzeugt, ist es doch die mitunter ekstatische Rhyth­mik, die Holsts Op. 32 so einzigartig macht. Der erste Satz „Mars, der Kriegsbringer“ galt noch in den 1920er Jahren vor Strawinskys Le sacre du printemps als das wildeste Musikstück überhaupt.
Strawinskys Tonalität und Rhythmik inspirierten Holst ebenso wie auch die Musik Arnold Schönbergs. Nachdem die Londoner Uraufführung der Fünf Orchesterstücke in einem Debakel geendet war, stand Schönberg im Januar 1914 selbst am Pult der Queen’s Hall, um sein Opus vor einem freund­licher gesonnenen Publikum, darunter auch Gustav Holst, zu dirigieren. Aber Holst wäre kein echter Brite, wenn er nicht alle Schärfe in Rhythmik und Tonalität mit versöhnlicher Melodik kongenial zu kombinierten wüsste. Und eben dies macht wohl den einzigartigen Reiz der Planeten-Suite aus.
Es ist ein technisch anspruchsvolles Unterfangen, dem sich das Organisten-Duo hier mit Bravour stellt, auch im Ensemble mit Konrad Graf. Bei allem Ernst, der diese Musik durchzieht, die Darbietung sprüht nur so vor Musizierfreude, und bei aller Orgel- und Schlagzeug-Wucht, die gelegentlich ans Ohr hämmert: immer geht eine gewisse Leichtigkeit mit einher. Und ganz nebenbei gehen die deftig-fulminante Walcker-Orgel aus dem Jahr 1911 und die eher schlank, leicht spröde daherkommende Klais-Orgel von 1979 eine wunderbare Liaison, sprich klangliche Symbiose ein – Gegensätze scheinen sich (zumindest hier) nicht nur anzuziehen, sie vermögen sich auch perfekt zu ergänzen. Die eher trockene Akus­tik der Wiesbadener Lutherkirche kommt als weiteres Plus dieser Aufnahme vorzüglich entgegen, bleibt doch stets die klangliche Transparenz gewahrt. Nicht auszudenken, wie die Musik in dieser Konstellation in einem extrem halligen Raum förmlich „explodieren“ würde.
Ach ja, da ist ja auch noch Dukas’ Zauberlehrling. Auch hier entfalten die drei Musiker ein unbändiges, fast schon entfesselt-wildes Musizieren voll jugendlichen Elans. Selbst die betagte Orgel-Dame anno 1911 entdeckt da nochmals ihre stürmische Jugend. Wer sagt, die Orgel sei ein antiquiertes Instrument, der sollte sich diesen Musikgenuss auf keinen Fall entgehen lassen. Und bei allem noch so hehren Anspruch, den die sogenannte E-Musik gerne und vorschnell einfordert: der „Ernst“ darf gelegentlich auch mal zu Hause bleiben. 

Wolfgang Valerius