hg. von Rüdiger Wilhelm

Acht Fugen für Clavier um Johann Sebastian Bach

(Orgel manualiter, Cembalo, Clavichord)

Verlag/Label: ortus organum om270
erschienen in: organ - Journal für die Orgel 2021/01 , Seite 55

Der vorgelegte Band enthält acht Manualiter-Fugen aus dem thüringischen und sächsischen Musikerkreis um Johann Sebastian Bach. Zu Wort kommen hier außer Bach selbst die Organisten Johann Georg Schübler, Carl Gotthelf Gerlach, Johann Philipp Kirnberger, Hieronymus Flerentius Quehl und Johann Ludwig Krebs.
Die Stücke sind leicht spielbar, inhaltlich aber eher schlicht. Den großen Coup, wie mit der Ausgabe des sechsstimmigen Ricercars aus Bachs Musicalischem Opfer in der Orgelbearbeitung von Johann Fried­rich Agricola im selben Verlag, hat Rüdiger Wilhelm hier nicht gelandet. Das hier zu betrachtende Repertoire ist in erster Linie wohl Unterrichtsliteratur in Sachen Kompositionstechnik und Spielfertigkeit. Die Ausgabe weckt aber sicher das Interesse von Musikwissenschaftlern, da hier bisher weitgehend unbekanntes Gebiet betreten wird. Das Vorwort mit Angaben über die betreffenden Komponisten und ihre Werke liest sich spannend wie ein Kriminalroman. In diesem Band erfährt man eine Menge über die mitteldeutsche Organistenpraxis der „zweiten und dritten Ebene“.
Interessant sind zwei Manualiter-Fassungen von Bachs bekannter Orgelfuge g-Moll BWV 578; darin wird dieses Stück verkürzt und ohne wesentlichen Substanzverlust auf drei Stimmen reduziert. Das gehaltvollste Stück dieses Bandes ist eine mit Rafinesse komponierte chroma­tische Fuge von Johann Philipp Kirnberger (1721–83). Das spieltechnisch am meisten ansprechende Werk ist dagegen eine C-Dur-Fuge von Hieronymus Florentius Quehl (1694–1739), in der sich polyphone mit sehr unterschiedlichen, etüdenhaft figurierten Episoden abwechseln.
Die hervorragende Editionstechnik wird von ausführlichen Quellennachweisen und einem detaillierten Kritischen Bericht sowie von einigen Quellenreproduktionen untermauert.

Wolfram Syré