Johann Christian Heinrich Rinck
24 leichte Präludien
aus: Sammlung von Vor-, Nach- und Zwischenspielen für die Orgel op. 74
Der aus Thüringen stammende Johann Christian Heinrich Rinck (1770–1846) gehört sicherlich nicht zu den Persönlichkeiten, die heutzutage bei einem „Ranking“ von gespielten Komponisten bei Orgelkonzerten einen der vordersten Plätze einnehmen würden. Außer seinem bekannten Flötenkonzert op. 55,5 für Orgel solo hört man selten etwas von diesem heute zu Unrecht vergessenen Komponisten. Außerhalb der Orgelszene blieb Rinck allenfalls bekannt durch seine Vertonung des von August Heinrich Hoffmann von Fallersleben verfassten Gedichts Abend wird es wieder.
Und dennoch hat der ehemalige Schüler von Johann Christian Kittel, seinerseits noch Eleve des großen Johann Sebastian Bach, einen interessanten Lebensweg aufzuweisen und hinterließ ein relativ großes Œuvre an Orgel-, Klavier- und Kammermusik sowie geistlichen Vokalwerken; er galt zudem als einer der besten Organisten seiner Zeit. Weiterhin verfasste er eine weit verbreitete Orgelschule, war als Orgelsachverständiger gefragt und unternahm zahlreiche Konzertreisen.
Zu Rincks Schülern gehören wiederum bekannte Persönlichkeiten wie Adolf Friedrich Hesse, der seinerseits Jacques-Nicolas Lemmens im Orgelspiel unterwies, so dass dessen Schüler Charles-Marie Widor sowie sein später sehr einflussreicher Nachfolger Marcel Dupré sich auf eine „Heilige Tradition“ der Bach-Sukzession berufen konnten, bei aller damit verbundenen historisch-wissenschaftlichen Problematik.
Stationen von Rincks Tätigkeiten waren unter anderem Gießen, wo er das Amt des Universitätsmusikdirektors bekleidete, und Darmstadt, wo er später als Kantor, Hoforganist und Kammermusiker wirkte. Für die Evangelische Kirchenmusik des 19. Jahrhunderts ist Rinck als Schöpfer von zahlreichen Kompositionen und Erneuerer des gottesdienstlichen Orgelspiels von ebenso großer Bedeutung wie als Herausgeber einer Sammlung von protestantischen Choralmelodien, dem sogenannten Choralfreund. Rincks eigene persönliche Musikbibliothek umfasste einige hundert Titel, darunter auch handschriftliche Partituren der Familie Bach. Der Schott-Verlag machte sich die damalige Popularität von Rinck zu eigen und betraute ihn mit der Erstellung des ersten Klavierauszuges der Missa solemnis von Ludwig van Beethoven.
Für eine Wiederbelebung der Wertschätzung des Komponisten setzt sich die 1996 in Darmstadt gegründete Rinck-Gesellschaft ein. Daneben veröffentlicht der Verlag Dohr sukzessive dessen Werke und leistet damit einen wertvollen Beitrag zur Wiederentdeckung des seinerzeit sogenannten „Rheinischen Bach“. Stilistisch gesehen verbindet Rinck Elemente der Polyphonie des 18. Jahrhunderts mit Elementen der Klassik und frühen Romantik.
Um es gleich vorwegzunehmen: Die 24 leicht ausführbaren Trios durch alle Tonarten sind eine regelrechte Entdeckung! Die kurzen, ein bis zwei Druckseiten umfassenden Miniaturen sind sehr einfallsreich und meist von elegantem Charakter. So manches Stück enthält kleinere knifflige Schwierigkeiten, die es zu bewältigen gilt, z. B. tonleiterhafte Pedalführung wie in Nr. 6 oder 17; manche Piecen sind alleine schon ob der Tonart eine regelrechte Leseübung, wie z. B. Nr. 3 in Cis-Dur. Die Stimmführung ist insgesamt sehr geschickt, Oktavparallelen wie in Nr. 16, Takt 20, zwischen linker Hand und Pedal, wie auch an anderer Stelle bei Orgelwerken Rincks vorkommend, sind sicherlich kein Versehen, sondern eventuell dem scheinbar oft recht schwach disponiertem Pedal zeitgenössischer Instrumente geschuldet. Alle 24 Trios sind durchgängig auf einem ziemlich gleichmäßig hohen Niveau.
Wesentlich schlichter präsentieren sich die 24 leichten Präludien aus der Sammlung von Vor-, Nach- und Zwischenspielen für die Orgel op. 74. Manche dieser Stücke sehen mehr wie ein skizziertes harmonisches Improvisationsmodell aus. Und vielleicht ist es wirklich so gedacht: dass Anfänger etwas haben, was sie schnell erlernen können und das auch schon nach etwas klingt, während Fortgeschrittene die Stücke mit Verzierungen etc. ausschmücken können bzw. als Anregungen für
eigene kleine Improvisationen oder Kompositionen begreifen.
In ähnlicher, noch unterschiedlicherer Form kommen auch die 18 leichten Orgelstücke zum Gebrauch beim öffentlichen Gottesdienste op. 106 daher. Einige simplere Werke stehen neben ausgearbeiteteren Formen wie z. B. den Fughetten oder dem besonders schön gelungenen Nachspiel Nr. 17 A-Dur, einem regelrechten Kabinettstückchen. Interessant sind die in dieser Sammlung häufig vorkommenden Registrieranweisungen, nach Mendelssohn’schem Vorbild aber sehr allgemein gehalten, und in besagtem vorletzten Stück gibt es sogar Angaben zum Manualwechsel.
Und dennoch hat der ehemalige Schüler von Johann Christian Kittel, seinerseits noch Eleve des großen Johann Sebastian Bach, einen interessanten Lebensweg aufzuweisen und hinterließ ein relativ großes Œuvre an Orgel-, Klavier- und Kammermusik sowie geistlichen Vokalwerken; er galt zudem als einer der besten Organisten seiner Zeit. Weiterhin verfasste er eine weit verbreitete Orgelschule, war als Orgelsachverständiger gefragt und unternahm zahlreiche Konzertreisen.
Zu Rincks Schülern gehören wiederum bekannte Persönlichkeiten wie Adolf Friedrich Hesse, der seinerseits Jacques-Nicolas Lemmens im Orgelspiel unterwies, so dass dessen Schüler Charles-Marie Widor sowie sein später sehr einflussreicher Nachfolger Marcel Dupré sich auf eine „Heilige Tradition“ der Bach-Sukzession berufen konnten, bei aller damit verbundenen historisch-wissenschaftlichen Problematik.
Stationen von Rincks Tätigkeiten waren unter anderem Gießen, wo er das Amt des Universitätsmusikdirektors bekleidete, und Darmstadt, wo er später als Kantor, Hoforganist und Kammermusiker wirkte. Für die Evangelische Kirchenmusik des 19. Jahrhunderts ist Rinck als Schöpfer von zahlreichen Kompositionen und Erneuerer des gottesdienstlichen Orgelspiels von ebenso großer Bedeutung wie als Herausgeber einer Sammlung von protestantischen Choralmelodien, dem sogenannten Choralfreund. Rincks eigene persönliche Musikbibliothek umfasste einige hundert Titel, darunter auch handschriftliche Partituren der Familie Bach. Der Schott-Verlag machte sich die damalige Popularität von Rinck zu eigen und betraute ihn mit der Erstellung des ersten Klavierauszuges der Missa solemnis von Ludwig van Beethoven.
Für eine Wiederbelebung der Wertschätzung des Komponisten setzt sich die 1996 in Darmstadt gegründete Rinck-Gesellschaft ein. Daneben veröffentlicht der Verlag Dohr sukzessive dessen Werke und leistet damit einen wertvollen Beitrag zur Wiederentdeckung des seinerzeit sogenannten „Rheinischen Bach“. Stilistisch gesehen verbindet Rinck Elemente der Polyphonie des 18. Jahrhunderts mit Elementen der Klassik und frühen Romantik.
Um es gleich vorwegzunehmen: Die 24 leicht ausführbaren Trios durch alle Tonarten sind eine regelrechte Entdeckung! Die kurzen, ein bis zwei Druckseiten umfassenden Miniaturen sind sehr einfallsreich und meist von elegantem Charakter. So manches Stück enthält kleinere knifflige Schwierigkeiten, die es zu bewältigen gilt, z. B. tonleiterhafte Pedalführung wie in Nr. 6 oder 17; manche Piecen sind alleine schon ob der Tonart eine regelrechte Leseübung, wie z. B. Nr. 3 in Cis-Dur. Die Stimmführung ist insgesamt sehr geschickt, Oktavparallelen wie in Nr. 16, Takt 20, zwischen linker Hand und Pedal, wie auch an anderer Stelle bei Orgelwerken Rincks vorkommend, sind sicherlich kein Versehen, sondern eventuell dem scheinbar oft recht schwach disponiertem Pedal zeitgenössischer Instrumente geschuldet. Alle 24 Trios sind durchgängig auf einem ziemlich gleichmäßig hohen Niveau.
Wesentlich schlichter präsentieren sich die 24 leichten Präludien aus der Sammlung von Vor-, Nach- und Zwischenspielen für die Orgel op. 74. Manche dieser Stücke sehen mehr wie ein skizziertes harmonisches Improvisationsmodell aus. Und vielleicht ist es wirklich so gedacht: dass Anfänger etwas haben, was sie schnell erlernen können und das auch schon nach etwas klingt, während Fortgeschrittene die Stücke mit Verzierungen etc. ausschmücken können bzw. als Anregungen für
eigene kleine Improvisationen oder Kompositionen begreifen.
In ähnlicher, noch unterschiedlicherer Form kommen auch die 18 leichten Orgelstücke zum Gebrauch beim öffentlichen Gottesdienste op. 106 daher. Einige simplere Werke stehen neben ausgearbeiteteren Formen wie z. B. den Fughetten oder dem besonders schön gelungenen Nachspiel Nr. 17 A-Dur, einem regelrechten Kabinettstückchen. Interessant sind die in dieser Sammlung häufig vorkommenden Registrieranweisungen, nach Mendelssohn’schem Vorbild aber sehr allgemein gehalten, und in besagtem vorletzten Stück gibt es sogar Angaben zum Manualwechsel.
Man hat bei allen diesen drei Sammlungen op. 20, 74 und 106 ein wenig das Gefühl, als würde einem der Komponist als Pädagoge stetig über die Schulter schauen.
Ein nettes und gefälliges Stück, das im Konzert sicherlich passende Anwendung finden kann, ist das Andante mit acht Variationen für Orgel op. 70. Hier gibt es ebenfalls zahlreiche, teils sogar konkretere Registriervorgaben, die sicherlich bei der Charakterfindung der einzelnen Variationen hilfreich sein können.
Alle vier Ausgaben sind sehr gut lesbar und mit einem interessanten Vorwort von Reinhard Kluth versehen. Insgesamt gibt es bei Johann Christian Heinrich Rinck noch viel Spannendes zu entdecken, und auf jeden Fall lassen sich etliche seiner Werke auch im Unterricht, sowohl im Literaturspiel als auch als stilgebunde Improvisationsvorlage, sinnvoll einsetzen. Insofern gebührt der Edition Dohr für das editorische Bemühen um diesen vielseitigen Musiker angemessener Dank.
Ein nettes und gefälliges Stück, das im Konzert sicherlich passende Anwendung finden kann, ist das Andante mit acht Variationen für Orgel op. 70. Hier gibt es ebenfalls zahlreiche, teils sogar konkretere Registriervorgaben, die sicherlich bei der Charakterfindung der einzelnen Variationen hilfreich sein können.
Alle vier Ausgaben sind sehr gut lesbar und mit einem interessanten Vorwort von Reinhard Kluth versehen. Insgesamt gibt es bei Johann Christian Heinrich Rinck noch viel Spannendes zu entdecken, und auf jeden Fall lassen sich etliche seiner Werke auch im Unterricht, sowohl im Literaturspiel als auch als stilgebunde Improvisationsvorlage, sinnvoll einsetzen. Insofern gebührt der Edition Dohr für das editorische Bemühen um diesen vielseitigen Musiker angemessener Dank.
Christian von Blohn