Costanzo Antegnati

12 Ricercari

und Werke von Anton Holzner, Vincenzo Pellegrini, Ercole Pasquini und Agostino Soderini. Federico Del Sordo an der Meiarini-Orgel (1630) von S. Maria del Carmine in Brescia (Italien) und am Cembalo

Verlag/Label: Brilliant Classics 95628 (2018)
erschienen in: organ – Journal für die Orgel 2019/01 , Seite 60

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Antegnati – ein famoser Name im italienischen Orgelbau des 16. und 17. Jahrhunderts! Die Orgelbauer-Familie Antegnati war für etwa vier Generationen in der Gegend des norditalienischen Brescia ansässig, baute etwa 400 (!) Instrumente und erwarb sich durch die Qualität derselben höchstes Renommée in allen großen Städten Norditaliens. Der wohl bekannteste und nachmalig einflussreichste Spross dieser Familie ist aber wohl der 1549 geborene Costanzo Antegnati, der unter dem Einfluss bedeutender Musiker des Gonzaga-Hofs zu Mantua – nämlich Giovanni Contino und Girolamo Cavazzoni – zum Musiker ausgebildet worden war. In der Folge wurde Antegnati 1584 zum Organisten der Kathedrale von Brescia berufen. In dieser Funktion komponierte er mutmaßlich die hier eingespielten zwölf Ricerare, die später im Zusammenhang mit dem von ihm sukzessive veröffentlichten bahnbrechenden Traktat L’Arte organica – oder auch einfach L’Antegnata genannt – im Druck erschienen.
In dieser Abhandlung beschäftigt sich Costanzo Antegnati unter anderem mit praktischen Fragen zu Orgel- und Cembalostimmung sowie zur Orgelregistrierung. Dass die Qualität seiner Musik – insbesondere der 12 Ricercare – von den Zeitgenossen hoch geschätzt wurde, erweist sich nicht zuletzt durch die erneute Veröffentlichung in der zwischen 1637 und 1640 zusammengestellten Sammlung Intavolatura d’organo tedesca, die etwa 1770 (!) Werke illustrer Meister wie Claudio Merulo, Girolamo Frescobaldi, Andrea und Giovanni Gabrieli, Chris­tian Erbach, Gregor Aichinger und Jan Pieterszoon Sweelinck enthält.
Der römische Organist, Cembalist und Musikwissenschaftler Federico Del Sordo hat nun die zwölf Ricercare Antegnatis eingespielt und bedient sich hierbei mehrerer Instrumente. Von besonderem Inte­resse ist natürlich die 1630 erbaute Orgel der Kirche S. Maria del Carmine in Brescia (unweit vom dortigen Dom gelegen, an dem Antegnati einst gewirkt hatte). Sie verfügt über 15 Regis­ter und ist als 12-Fuß-Instrument angelegt. Ursprünglich 1629–30 von Tomaso Meiarini konstruiert, wurde sie drei Jahre später von Graziadio III Antegnati (1608–56) aufgebaut. Del Sordo verwirklicht an diesem Instrument in mus­tergültiger Weise die Regis­trier­an­weisungen Antegnatis aus seinem Traktat. Weitere Instrumente dieser Aufnahme sind ein Cembalo nach italienischen Mustern des 17. Jahrhunderts und ein sehr angenehm klingendes gebundenes Clavichord, ebenfalls nach einem anonymen italienischen Meister um etwa 1620.
Federico Del Sordo spielt sehr kenntnisreich, mit einem intuitiven Gespür für die zahlreichen Fiorituren und Diminutionen dieser strengen Musik. Antegnatis 12 Ricercare sind noch Werke anderer Zeitgenossen beigegeben, so beispielsweise die drei einzig erhaltenen Canzonen des Münchner Hoforganis­ten Anton Holzer sowie entsprechende Stü­cke von Ercole Pasquini, Vincenzo Pellegrini und Agostino Soderini.

Christian Brembeck