Robert Schumann
Werke für Orgel oder Pedalflügel op. 56, op. 58, op. 60
Mag sich Robert Schumanns musikalische Hinterlassenschaft für Orgel eher schmal ausnehmen, so ist sie doch von hohem künstlerischen Anspruch und Stellenwert. Bezüglich der Studien op. 56 bzw. den Skizzen op. 58 muss man sich fragen, ob diese von Schumann überhaupt für Orgel intendiert sind oder ob sich ein Pedalflügel zur Darstellung nicht besser eignet. Schumann selbst stand wohl eine Vorrichtung zur Verfügung, die es ihm erlaubte, zusätzlich zur Manualklaviatur seines Flügels 29 Basstöne über Pedale erklingen zu lassen.
Schon aus praktischen Gründen, also in Ermangelung eines geeigneten Instruments, ist die Ausführung auf der Orgel natürlich „einfacher“. Dabei muss man sich darüber klar sein, dass die von Schumann geforderte Übergangsdynamik sowie die Durchhörbarkeit des Stimmengeflechts mit seinen unterschiedlichen Gewichtungen sich nicht unbedingt nur über Registration, Manualverteilung und gegebenenfalls den Gebrauch des Schwellwerks, sondern nur in Wechselwirkung mit einer sehr differenzierten „pianistischen“ Anschlagskultur vom Staccatissimo bis hin zum Überlegato bewerkstelligen lassen.
Auch hinsichtlich des Ambitus muss man sich an einigen Stellen Gedanken machen, z. B. beim Anfang von op. 58,2 und op. 58,3. Schumann selbst war offenbar der Meinung, dass die Skizzen op. 58 eher auf der Orgel zu realisieren seien als die Studien op. 56. Anders verhält es sich mit den Fugen op. 60, wo die Orgel als Alternativinstrument zum Pedalflügel schon in der Erstausgabe explizit genannt ist. Schumann notiert hier keine Übergangsdynamik wie in op. 56 und op. 58, verzichtet allerdings auch auf konkrete Manual- und Registrier-Angaben. Er hat diese Stücke wohl besonders geschätzt, wenn er sie charakterisiert als „… eine Arbeit, von der ich glaube, dass sie meine anderen vielleicht am längsten überleben wird“.
Das Druckbild der Neuausgabe aller drei Zyklen bei Carus liest sich sehr angenehm. Absolut lesenswert und sehr informativ sind das Vorwort sowie der kritische Bericht. In den historischen Ausgaben offensichtlich fehlende Artikulationszeichen und dergl. sind logisch ergänzt, aber immer durch Einklammerung etc. vom Original unterscheidbar kenntlich gemacht. Als kleines „Schmankerl“ ist im Anhang die rekonstruierte Urfassung des Albumblatts op. 124,20 zu finden.
Insgesamt ist die Edition sehr sorgfältig gearbeitet, was durch kleine Errata (wie zum Beispiel bei op. 58,4 in Takt 41 auf Zählzeit 3 es statt ges in der linken Hand) nicht wirklich geschmälert wird. Als Herausgeber fungiert Martin Schmeding, Professor für Orgel in Leipzig, der sich sehr intensiv mit dem Thema Pedalflügel auseinandergesetzt hat. Konsequenterweise hat er daher die drei Sammlungen ausgesprochen hörenswert auf einem originalen Exemplar dieses Typus eingespielt (Ars Produktion).
Summa summarum stellt sich also eher weniger die Frage, ob op. 58 und vor allem op. 56 sich auf Orgel überhaupt adäquat darstellen lassen, sondern wie man die Umsetzung darauf am besten bewerkstelligt. Dazu kann diese neue Urtext-Edition des Carus-Verlags eine hervorragende Hilfestellung geben.
Christian von Blohn