W. A. Mozart für Orgel

eingerichtet von Erich Benedikt

Verlag/Label: Doblinger 02 490
erschienen in: organ 2014/02 , Seite 60

Immer wieder hat es Organisten bzw. Bearbeiter gereizt, Mozart auf der Orgel erklingen zu lassen – neben den wenigen „Originalen“ ist die Liste vorhandener Arrangements beachtlich lang. Sammlungen von Haselböck, Pröger und Albrecht ste­hen neben Einzelausgaben – hier haben sich englische Mozart-Freunde (Best, Wescott, Wesley) besonders hervorgetan (vgl. Repertorium Orgelmusik, Schott 2001, S. 792).
Erich Benedikts Auswahl von 15 Einrichtungen bietet vor allem Transkriptionen von Kammermusik, nämlich Sätze aus Violinsonaten, Streichquartetten, Werken für Bläserensembles, einer frühen Sinfonie und dem Quintett für Glasharmonika, Flöte, Oboe, Viola und Violoncello, schließlich noch zwei Einrichtungen vokaler Vorlagen („Be­nedictus“ aus der Missa solemnis C-Dur KV 337, „Qui tollis“ aus der Missa c-Moll KV 427). Zwei Menuette, vier Andante, fünf langsame Sätze (Adagio, Largo) und vier schnelle/re Proben (Allegretto, Allegro) vermitteln typisch Mozart’­sches Flair: das Galant-Tänzerische, Divertimento-Lyrik, dann aber auch durch Chromatik in Linien und Akkorden generierte Dramatik.
Abgebildet wird – zunächst einmal im Notensatz – ein erheblicher Teil des Wienerischen Kolorits, der Klangsprache Mozarts, wobei der Orgel ohne Weiteres zugetraut wird, die mit Bedacht und Fingerspitzengefühl von Seiten des Komponisten geforderten Besetzungsnuancen reproduzieren zu können – irgendwie, ob nun mehr oder weniger, bleibt offen bzw. dem Käufer der 15 Einrichtungen überlassen. Macht es Sinn, eine Glasharmonika-Passage auf der Orgel wiederzugeben, ohne den Verlust des Charakteristischen, des typischen Originalklangs zu riskieren? Rechtfertigt der Name, das „Aushängeschild“ Mozart, die (fraglos oder nur vermeintlich) allseitige Akzeptanz seiner „Musik“, jedwede Aneignung durch die Orgel? Die sachfremde kommerzielle Vermarktung des Komponisten („Mozartkugeln“) mag man mit einem Achselzucken oder Lächeln ertragen, aber nichtsdestoweniger droht dasselbe „Geschmäckle“, wenn „Einrichtungen“ eine inflationäre Verfügbarkeit des Markenartikels bzw. Firmennamens „Mozart“ favorisieren. Eigentlich verfügt die Orgelmusik bzw. Orgelmusikszene doch über eine Vielzahl von brillanten Originalwerken – es besteht indes viel eher Not, diese vorhandenen Reichtümer überhaupt in die Gegenwart vermitteln zu können. Cui bono Mozart, in Einrichtungen, zumal auch die Mozart-Originale heute überall leicht auf Tonträgern erreichbar sind?
Diese Frage muss jeder beantworten bzw. entscheiden, der dem heutzutage durchaus gängigen Trend folgt, das Originäre hintanzustellen und Arrangements, seien sie handwerklich noch so gelungen, in den Vordergrund zu rü­cken. Liberalität – oder ist es ein Sichanbiedern, gar Produktpiraterie? – gibt sich oft großzügig und weltläufig, kann bei genauerem Hinsehen aber auch mit Substanzverlust einhergehen, was ohne moralinsaure Bedenken festgestellt sei.

Klaus Beckmann