Blanken, Christine | Wolfram Enßlin (Hg.)

Unterwegs mit Carl Philipp Emanuel Bach

Musikalisch-biografischer Reiseführer zu seinen Lebensstationen

Verlag/Label: Lehmanns Media, Köln 2014, 216 Seiten, 17,95 Euro
erschienen in: organ 2014/02 , Seite 58

Carl Philipp Emanuel Bach (1714– 88) galt zu seiner Zeit als einer der renommiertesten Musikergestalten und europaweit verehrte Instanz in Sachen Musik. Die Forschung hat den Sohn J. S. Bachs in den letzten Jahren wieder verstärkt als eigenständigen Musiker in den Fokus genommen, und im Jubiläumsjahr 2014 (300. Geburtstag am 8. März) werden neueste Erkenntnisse einem breiten musikinteressierten Publikum zugänglich gemacht. Mit dem Almanach Unterwegs mit Carl Phi­lipp Emanuel Bach wird Interessierten ein „musikalischer Reiseführer“ an die Hand gegeben, der es ermöglicht, bei eigens konzipierten Musikspaziergängen zu C. P. E. Bachs Wohn- und Arbeitsstätten auf vielfältige Weise den Spuren des Musi­kers nachzugehen. Zahlreiche histo­rische Abbildungen erleichtern die Zeitreise ins 18. Jahrhundert und regen die Fantasie der Spurensucher an. Biografische Abrisse sowie eingestreute thematisch ausgerichtete Exkurse erweitern diese Recherche zu einer der wichtigsten Musikerpersönlichkeiten des ausgehenden 18. Jahrhunderts.
Den Impuls zu dieser Publikation gab das Netzwerk „C. P. E. Bach* 1714“, dem unter der Federführung Hamburgs Vertreter und Institutionen der sechs C. P. E. Bach-Städte Weimar, Leipzig, Frankfurt (Oder), Berlin, Potsdam und Hamburg angehören; Köthen machte zwar nicht mit, ist aber trotzdem mit drin. Für Konzeption und Realisation des Buchs zeichnen Experten des Bach-Archivs Leipzig verantwortlich.
Sprach man Ende des 18. Jahrhunderts respektvoll vom „Großen Bach“, meinte man damit wohlgemerkt Carl Philipp Emanuel und keineswegs Vater Johann Sebastian. Sogar Mozart konstatierte im Jahr 1789 mit größter Hochachtung: „Er [C. P. E. Bach] ist der Vater, wir sind die Bub’n. Wer von uns was Rechts kann, hat von ihm gelernt.“ Im Wandel der Zeiten verblasste der Ruhm des galanten Groß­meis­ters, und so wird Carl Philipp Emanuel heutzutage musikgeschichtlich weitgehend als zweitältester Sohn des großen Thomaskantors verortet – sehr zu Unrecht, betrachtet man das kompositorische Œuvre und den Einfluss auf Zeitgenossen und die Großen der (Wiener) Klassik.
Das Orgelwerk Carl Philipp Emanuel Bachs, Cembalist Friedrichs des Großen, beschränkt sich auf die Sechs Sonaten. Diese stehen in engem Zusammenhang mit Friedrichs Schwester Anna Amalia, denn sie wurden für deren neue „Hausorgel“ – 1755 von Peter Migend für das Palais „Unter den Linden“ der Prinzessin gebaut – komponiert und ihr später im Druck dediziert. Das Instrument befindet sich heute – nach mehreren Translozierungen und einer gründlichen Renovierung durch die Firma Karl Schuke – in der Evangelischen Kirche zu Berlin-Karlshorst. Die sechs Sonaten stehen stilistisch im Zeichen der „Empfindsamkeit“, dem Aufbruch vom Barock zur Klassik. Sie sind gewissermaßen Clavier-Stücke im universellen Sinne, die ebenso gut auf dem Clavichord, dem Cembalo oder Hammerklavier darstellbar sind.
Man kann den musikalischen Reiseführer wie eine Biografie C. P. E. Bachs lesen. Da der königlich-preußische Hofcembalist im Herzen Berlins wohnte, macht der Leser quasi en passant bei Lessing, Nikolai und anderen Geistesgrößen der Zeit Station.

Wolfram Adolph