Briggs, David

Triptyque de Noël für Orgel (2008)

Verlag/Label: Schott Music, ED 21380
erschienen in: organ 2014/04 , Seite 60

Der Titel des Stücks sagt schon (fast) alles. David Briggs (*1962), ein bekennender Verehrer des legendären Pierre Chochereau (1924–84), wurzelt in seinem improvisatorischen wie kompositorischen Schaffen unverkennbar in der bis heute lebendigen symphonischen Orgeltradition der Grande Nation. Ihn hierfür des Eklektizismus zu bezichtigen, wäre oberflächlich und nicht zutreffend.

Während viele zeitgenössische Komponisten (noch immer) ihre Zeit damit zubringen, ihre ureigene Sprache zu kreieren, nutzt Briggs die Paradigmen einer über Generationen tradierten und damit letztlich auch „verständlichen“ Musiksprache. Wer David Briggs kennt, weiß, dass der vor musikalischen Ideen nur so sprudelnde Brite sich mit dem bloßen Kopieren von bereits Dagewesenem nicht zufrieden gibt. Und so hört man im Triptyque unverkennbar Briggs: jenen rast­losen Kosmopolit der Orgel, dessen Weltkarriere an der Kaderschmiede des King’s College Cambridge als Organ Scholar begann und den seine Studien schließlich zu Jean Langlais nach Paris führten. Es folgten Positionen als Director of Music an den Kathedralen vor Hereford, Truro und Gloucester, wo er für ein in klanglicher Hinsicht außergewöhnliches Orgelprojekt Pate stand.

Für das Ratinger Orgelbuch wurde David Briggs 2008 vom Förderverein Musica sacra Ratingen e. V. und dem Festival „Ratinger Orgelwelten“ mit der Auftragskomposition eines dreiteiligen Werks zu Advent, Weihnachten und Epiphanie betraut. Dies ist der zweite Kompositionsauftrag, der von Deutschland aus an den Briten erging. Dem dreiteiligen Werk zugrunde liegen die Choralmelodien von O Heiland, reiß die Himmel auf und Es führt drei König Gottes Hand sowie ein nicht näher bezeichnetes polnisches Wiegenlied (Polish Lullaby), das im Mittelteil variationsartig behandelt wird.

Der erste, mit „Fantasie“ überschriebene Satz ist rhythmisch stark akzentuiert, beginnt in einem Wechsel aus ostinatem Laufwerk und Choraleinschüben zu „O Heiland“, bevor das Ganze in einen lebhaften, energiegeladenen Saltarello übergeht. Hier beherrschen dann Plenum und Chamaden durchgehend die Szenerie. Der Mittelsatz lässt typische Variationstechniken à la Dupré und Chochereau erkennen und ist weitgehend den Flöten-Registern vorbehalten. Der Finalsatz ist dann hinsichtlich Dynamik und Bewegungsablauf als Steigerungsfuge konzipiert. Im motorisch bewegten Schlussteil greift Briggs nochmals kurz die vorangegangenen Themen summarisch auf.

Insgesamt ein musikalisch ansprechendes Werk, das seine Liebhaber unter Spielern wie Hörern finden dürfte. Einiger Übeaufwand muss aber schon sein, und ein klanglich opulentes Instrument ist ein sine qua non für diese Musik. Editionstechnisch in hervorragender Qualität, wünscht man dem Werk weite Verbreitung – sei es auch nur als Anregung zur eigenen Improvisation.

Wolfgang Valerius