Allende-Blin, Juan

Transformations II (1952) für Orgel

Verlag/Label: edition gravis, eg 2199
erschienen in: organ 2015/01 , Seite 61
Das kurze Stück Transformations II des 1928 in Chile geborenen Komponisten Juan Allende-Blin stammt aus der seriellen Epoche der Musik. Jeder Ton soll einen eigenen Charakter bekommen, obwohl das auf der Orgel kaum möglich ist. Deshalb wird alles dafür getan, dass der Eindruck eines bunten Kalaidoskops unterschiedlicher Farben entsteht. Zunächst ist das Stück fast einstimmig und erinnert damit an einige Passagen aus dem ein Jahr zuvor entstandenen Livre d’Orgue von Olivier Messiaen. Dennoch unterscheiden sich die Techniken Messiaens und Allende-Blins. Die Einstimmigkeit wird bei Allende-Blin durch sich aufbauende Liegetöne konterkariert. Die Musik erinnert deshalb stärker an orchestrales Denken als bei Messiaen, der die Stimmen oft in der Einstimmigkeit belässt. Die Tondauern wechseln zwischen extrem langen Tönen und Gruppen aus schnellen Tupfern. 
Die Farbigkeit entsteht sowohl aus ständig möglichen Registerwechseln als auch aus der durchgängig im Notentext präsenten Unterteilung der Lagen durch Aufsplitterung in oberes Manual (4’), unteres Manual (8’) und Pedal (16’). Im Vorwort heißt es: „Im ganzen Stück sind, immer unter Beachtung der Fußtonlage, möglichst viele Registerwechsel anzubringen, jedoch nicht während der Dauer eines Tones.“ Der Werktitel Transformations meint hier nicht die Verwandlung eines Zustands, sondern das sich ständige Verwandeln aller Töne, die wie Atome in unaufhaltsamer Bewegung sind. So flieht das Stück sehr schnell am Hörer vorbei und bildet selbst nur einen kurzen Augenblick, erinnernd an die Stücke von Anton Webern. 
Die Noten sind handschriftlich, aber gut lesbar. Wegen seiner Kürze ist das Stück gut fassbar und lässt sich zügig einstudieren. Die Interpretation auf kleinen Orgeln auch ohne Schwellwerk ist möglich. Der Interpret kann auf die meisterhafte Einspielung von Gerd Zacher zurückgreifen, um sich einen Eindruck von der Musik zu verschaffen.
 
Dominik Susteck