Johann Sebastian Bach
Toccata und Fuge d-Moll BWV 565 für Orgel und Klavier
Klavierpart von Wilhelm Middelschulte, Erstausgabe
Wilhelm Middelschulte (1863–1943) wirkte nach seinen Berliner Studienjahren von 1891 bis 1939 erfolgreich als Orgelvirtuose und Pädagoge in den USA, bis er wieder nach Europa zurückkehrte. Er pflegte eine künstlerische Freundschaft zu Ferruccio Busoni. Die Herausgabe seiner Version der Toccata und Fuge d-Moll BWV 565 für Orgel und Klavier ist eine echte Errungenschaft für die Duo-Literatur Klavier und Orgel, insbesondere durch den Bekanntheitsgrad des zugrunde liegenden Werks.
Middelschulte verwendet bis auf ganz wenige Ausnahmen den überlieferten Orgelpart, der natürlich, dem Zeitgeschmack entsprechend, mit Vortragsbezeichnungen, Artikulationen, Bögen und Manualangaben versehen wurde, die für eine stilgerechte Aufführung wichtig sind. Der Klavierpart Middelschultes erfüllt ganz unterschiedliche Aufgaben: Er malt Klangteppiche aus Stützakkorden oder flirrenden Figurationen und er übernimmt, sogar bei einstimmigen Passagen inklusive Fugenbeginn, eine quasi Continuofunktion, indem er das harmonische Umfeld zur Orgelstimme bildet, teilweise romantisch eingefärbt. In vielen Fällen bereichert er aber eben auch die Komposition mit eigenen Kontrapunkten und vermag etwa sogar ab T. 14 das Fugenthema in die Violinfigurationen der Toccata einzuflechten oder im T. 52 in der Fuge eine Engführung zum Themeneinsatz des Pedals hinzuzufügen. Die tadellose Ausgabe von Arno Hartmann gibt in drei Anhängen Varianten zum Anfang und Schluss an. Insgesamt ist der Repertoirewert dieser Veröffentlichung nicht hoch genug einzuschätzen.
Stefan Kagl