Toccata de Baile Triste
... und andere „Scherereien“ Tangermünder Scherer- Orgelheft, hg. von Dietrich Kollmannsperger
Die „Scherereien“-Toccata de baile triste, Toccata „Christ ist erstanden“, Two angels I & II und Sketch in minimal music des Tangermünder Scherer-Orgelhefts können einige Pluspunkte für sich verbuchen. Der wichtigste besteht in der Tatsache, dass hier Neukompositionen für den Typus einer profilierten norddeutschen Barockorgel – in diesem Fall für die kürzlich restaurierte Tangermünder Scherer-Orgel – vorgelegt wurden. Der semi-professionelle Organist wird hier seine Freude haben: Leichte spieltechnische Anforderungen und ein durch viele Wiederholungen geringer Übungsaufwand im Verhältnis zur Länge der Stücke.
Die Toccata de baile triste in Form einer Rumba fällt durch ein wirkungsvolles Profil auf; wünschenswert wäre aber neben derer innovativer Konzeption ein etwas virtuoserer satztechnischer Zugriff im Sinne anderer Toccaten gewesen. Die Toccata „Christ ist erstanden“ präsentiert die Choralmelodie ebenso wie einige die Auferstehung Christi symbolisierende Tonmalereien inklusive eines Pedalsolos. Die beiden Stücke Two angels sind meditativ angelegt.
Der Interpret wird mit ausführlichen und informativen Registrierangaben durch das Heft begleitet.
Die Frage nach der musikalischen Substanz der Stücke wird durch den Titel Sketch in minimal music erschöpfend beantwortet. Die Rumba-Toccata enthält effektvolle Klänge und Rhythmen, ansonsten sind Harmonik, Rhythmik, Satztechnik und Formanlagen aber äußerst bescheiden dimensioniert. Die auffallend zahlreichen Wiederholungen sind sicher sehr verlegerfreundlich, sorgen aber für nur wenige überraschende Abwechslungen.
Fazit: Als Beitrag für die Situation eines zunehmenden Mangels an geschulten Organisten verdienstvoll, geschickt erfunden, ein paar neue Ideen, gut ausführbar, aber nicht die ganz große Orgelmusik.
Wolfram Syré