William Albright: Orgelwerke
The King of Instruments
Angela Amodio an der Späth-Orgel der Jesuitenkirche Wien und an der Rieger-Orgel im Missionshaus St. Gabriel, Maria Enzersdorf (Österreich)
Bewertung: 5 von 5 Pfeifen
Weitere Interpreten: Tim Scott Whiteley, Sprecher; Karoline Pilcz, Sopran; Bernhard Winkler, Percussion; Roman Summereder, Melodica
Was fällt einem Orgelliebhaber zu amerikanischer Orgelmusik ein? Vermutlich nicht besonders viel. Nach einigem Überlegen kommen einem vielleicht die Namen Charles Ives und John Cage in den Sinn. Aber William Albright? – Ab jetzt schon! Der früh verstorbene amerikanische Komponist (1944–98) hat ein umfangreiches (orgelmusikalisches) Schaffen hinterlassen. Bisher erschienen seine Orgelwerke allenfalls auf Sammelprogrammen. Umso verdienstvoller ist diese Veröffentlichung, die die reiche kompositorische Spannweite Albrights aufzeigt.
Die noch im Studium geschriebene Partita im alten Stil „Wer nur den lieben Gott lässt walten“ von 1963 und Albrights letztes Orgelwerk „Nun komm der Heiden Heiland“ (1997) stellen gottesdienstliche Gebrauchsmusik dar. Werke wie das avantgardistische Pneuma (1966) oder das III. Organbook (1977/78) erinnern (letzteres auch dem Namen nach) bewusst an Albrights Lehrer Olivier Messiaen. In seinem 1983 geschriebenen In Memoriam zitiert und verfremdet Albright äußerst geschickt Themen aus Wagners Tristan und Isolde. Gut 30 Minuten dauert die von Ostinati durchzogene Symphony für Orgel von 1986 mit (in diesem Fall) voraufgenommenem Schlagzeugpart. Titel wie Flights of Fancy – Ballett für Orgel oder Sweet Sixteenths stehen für den jazzigeren Teil von Albrights Werk.
Aufgenommen wurde der größte Teil der Stücke an der klangschönen dreimanualigen Späth-Orgel (2004) der Jesuitenkirche Wien, die akustisch wunderbar eingefangen wurde. Auf der zweiten CD erklingt ferner Angela Amodios „Hausorgel“, die zweimanualige Rieger-Orgel (1982) von St. Gabriel, Maria Enzersdorf. Die Radulescu-Schülerin Amodio ist den virtuosen Teilen des Programms ebenso mehr als gewachsen wie den nachdenklichen oder den humorvollen.
Problematisch an dieser Produktion erscheint allenfalls die Entscheidung, den ersten Track mit einer Rezitation beginnen zu lassen. Das könnte vertraute Orgelmusikliebhaber vom Durchhören der CDs abschrecken. Dabei ist Albrights 1978 für eine Orgelweihe entstandenes Werk The King of Instruments ein lohnendes Werk für Sprecher und Orgel, das im Sprechmodus an William Waltons Façade und in seiner pädagogischen Ausrichtung an Brittens The Young Person’s Guide erinnert. Dem Publikum werden augenzwinkernd die einzelnen Orgelregister vorgestellt, was dem Komponisten (und der Organistin) brillant gelingt. Die letzten Worte des Rezitators können für das ganze Album gelten: „But above all, have fun!“
Allein wegen der hervorragenden Produktion (Aufmachung, Interpretationen, Klang, Booklet) verdient diese Veröffentlichung größtmögliche Aufmerksamkeit. Dem erweiterten Orgelrepertoire ist mit William Albright eine spannende Stimme hinzugefügt worden – gerne mehr davon!
Christian Münch-Cordellier