Jean Guillou / Franz Liszt

Symphonic Poems – Organ Works, Vol. 1

Zuzana Ferjenčíková an der Van den Heuvel-Orgel (V/101) der Kirche St. Eustache, Paris

Verlag/Label: Aeolus, AE-11391 (2023)
erschienen in: organ - Journal für die Orgel 2024/03 , Seite 61

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Wenn Zuzana Ferjenčíková Werke von Jean Guillou spielt, dann kann man sicher sein, dass die Stimme des Meisters in ihren Interpretationen widerhallt. In der interpreta­torischen Auseinandersetzung mit geistesverwandten Kompositionen haben sich Interpretierende seit jeher als „Prima inter Pares“ erwiesen – so auch in dieser CD-Produktion aus dem Hause Aeolus.
Die Interpretin befand sich in engem Austausch mit dem Meister, und ihre musikalischen Auslegungen geben Auskunft über die typische Dichotomie der Kompositionen Guillous: In der schnellen Abfolge von bipolaren musikalischen Chiffren zwischen Kontemplation und Fanal muss der interpretierende Mensch eine individuelle Klangschrift finden, die sich in Synergie mit der musikalisch-wortgewaltigen intellektuellen écriture des Komponisten befindet.
Über die technischen Herausforderungen der einzelnen dargebotenen Werke (die Liszt-Transkriptionen der Sinfonischen Dichtungen Prometheus, Orpheus, Tasso, die Valse oubliée und die von Guillou erstellte synkretistische Version der Fantasie und Fuge über B-A-C-H im Dialog mit Originalwerken des Komponis­ten) muss kein Gutachten erstellt werden, sie liegen im allerhöchsten Bereich einer gedachten Schwierigkeitsskala des Instruments. Einzig die Kontextualisierung der programmatisch aufgeladenen Sinfonischen Dichtungen Liszts mit den eher angedeutet dramatisierten Werken Guillous im Sinne einer Werkgemeinschaft als Poème Symphoniques erscheint diskutabel.
Die Interpretin meistert die technische Tour de Force mit Elan und es gelingt ihr noch zusätzlich, die poetische Note, die in der kom­positorischen Materialwucht der Werke Guillous leicht unterzugehen droht, zu betonen.
Über die Orgel von St. Eustache wurde und wird viel diskutiert, sie präsentiert sich in der vorliegenden Aufnahme als mustergültiges Instrument mit einer fulminanten dynamischen Skala. Die Tontechnik – wie auch die Gestaltung des Book­lets – ist (wie bei Aeolus üblich) hochwertig und vorbildlich. Die informativen Texte zu Werk und Instrument stammen von der Interpretin und geben zusätzlich Auskunft über ihre starke persönliche Verbundenheit mit Werk und Komponist.

Jörg Abbing