Symphonic Expressions
Die vier Orgeln im Freiburger Münster. Domorganist Matthias Maierhofer
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Die Orgelanlage im Freiburger Münster ist einzigartig in Deutschland: Vier Orgeln beschallen den riesigen Dom, der im Gegensatz zu manchen anderen Kirchen ähnlicher Größe zwar eine vergleichsweise trockene Akustik hat, aber trotzdem schwierig zu erfassen ist. Dies zeigt einmal mehr, dass gotische Dome in ihrer Entstehungszeit kaum dazu konzipiert waren, von einem einzigen Punkt aus beschallt zu werden. Orgeln begannen damals ja gerade erst Einzug in solch große Kirchen zu halten. Deshalb können mehrere Instrumente, die an verschiedenen Orten aufgestellt sind, wertvolle Dienste leisten.
Dies zeigt nicht zuletzt das Freiburger Ensemble sehr eindrucksvoll, nicht nur wenn alle Instrumente vom Zentralspieltisch im Chorraum gemeinsam gespielt werden. Jede der Orgeln hat ihren eigenen stilistischen sowie funktionellen Schwerpunkt, der von Domorganist Matthias Maierhofer in dieser üppigen, aus fünf CDs bestehenden Produktion auch hervorgehoben wird. Maierhofer hat dafür ein schönes Programm zusammengestellt, das Musik vom Stylus phantasticus bis hin zur Spätromantik umfasst und jede Orgel von ihrer besten Seite zeigen soll.
Das Konzept, jede der Orgeln mit einer eigenen CD und zum Schluss alle gemeinsam vorzustellen, geht bis auf zwei Einschränkungen auch weitestgehend auf: Ausgerechnet die Marienorgel, Mitte der 1960er Jahre als neoklassisches Universalinstrument gestaltet, wird auf Musik von J. S. Bach begrenzt, und Musik neueren Datums kommt gar nicht vor. Dabei gibt es doch auch heutzutage jede Menge an moderner und ebenso publikumswirksamer wie
-freundlicher Orgelmusik, die keine Touristen als potenzielle Käufer solcher CDs verschreckt. Man muss sich nur im anglophilen Repertoire umschauen und hätte gegebenenfalls ein paar Euro für GEMA-Gebühren investieren können. Die Fokussierung der Marienorgel auf Bach leuchtet angesichts ihrer stilistischen Ausrichtung nicht recht ein. Zwar könnte man sagen, dass dieses zentrale Instrument mit einer der Schlüsselfiguren der abendländischen Musikgeschichte vorgestellt werden sollte, aber dies erscheint dann doch etwas weit hergeholt.
Dennoch ist diese aufwändige Produktion rundum zu empfehlen. Die eine oder andere Repertoireperle ist dabei sowie einige Entdeckungen, die nicht allzu bekannt sein dürften: die cis-Moll-Variationen von Robert Fuchs etwa, deren Beginn an César Francks h-Moll-Choral und Mendelssohns Variations sérieuses erinnert, oder echte Raritäten wie eine Fuge von Mikalojus Konstantinas Čiurlionis.
Zur Produktion selbst gibt es nur Gutes zu sagen: Bei den Aufnahmen wurde eine schöne Balance zwischen einem klaren Klang der unterschiedlichen Instrumente und der Raumakustik gefunden. Auch die tontechnische Aufbereitung und Präsentation sind – wie bei Ambiente gewohnt – erstklassig, und Maierhofers Spiel ist ohnehin über wirklich jeden Zweifel erhaben. Er stellt jede Orgel in möglichst vielen klanglichen Facetten vor und weiß stilistische Besonderheiten stets adäquat und konsequent umzusetzen.
Guido Krawinkel