Stefan Kagl

Suite Basque

Suite über 11 baskische Volkslieder für Orgel

Verlag/Label: Strube Edition 3675
erschienen in: organ - Journal für die Orgel 2023/04 , Seite 60

Stefan Kagls Suite Basque (Euskal Suite – Suite Vaska) ist ursprünglich ein Auftragswerk der Quincena Musical de San Sebastián, einem renommierten spanischen Festival für klassische Musik, und wurde am 5. August 2021 vom Komponisten in der dortigen Kathedrale Buen Pastor uraufgeführt. Aus den zahlreichen Melodien, die ihm dafür im Vorfeld von den Initiatoren der Auftragskomposition zur Verfügung gestellt wurden, suchte er elf Lieder aus und brachte diese in eine bestimmte dramaturgische Reihenfolge.
Nach einer kleinen reizvollen Introduktion mit rhythmisch typisch marschmäßigem Zitat aus dem Lied wird dieses in der „Marcha de San Sebastián“ zunächst im Tenor durchgeführt mit ostinaten Begleitfiguren in der rechten Hand und einer Art Paukenbass im Pedal. Anschließend tauschen die Hände ihre Funktion, bevor im Mittelteil die Melodie im Pedal mit toccaten-ähnlichen Begleitmustern der Hände erscheint und dieses sehr wirkungsvolle heitere Stück nach einem Da capo-Teil zu Ende gebracht wird.
„Oñazez“ führt nach nachdenklich stimmender Eröffnung mit langsamen Arpeggien eine ruhige melancholische Weise ein, die Kagl als Trio mit interessanten Harmonien und chromatischen Durchgängen ausgestaltet. Am Schluss leitet er von der Grundtonart b-Moll dominantisch über zu „Donostiako Hirú Damatxo“, einem tänzerischen Satz im 6/8-Takt. Sehr reizvoll ist hier die Durchführung in drei Strophen von anfänglich schlichten rhythmisch-ostinaten über chromatische Begleitfiguren zu einer mit durchlaufenden Sechzehnteln kolorierten Melodiestimme. Nach kurzem Übergang folgt mit „Mendian Gora Horitza“ wieder ein ruhiges Stück. Auch hier werden drei Verse von schlichtem Melodiezitat über eine Tenordurchführung im Pedal bis zur hochoktavierten Stimmführung in der teilweise ausgeterzten Oberstimme variiert.
Eine kurze freie einstimmige Passage führt danach zu „Zortzikoa“. Nach der Vorstellung des Grundtakt-Modells wird die Melodie in reizvollen Betonungswechseln zwischen 6/8- und 3/4-Takt komplett in der Oberstimme zitiert.
Eine im langsamen Akkordaufbau gestaltete kurze Einleitung führt zu „Gorago Beti“ als schlichtem, stimmungsvollem Satz mit Wechseln der Melodie zwischen linker und rechter Hand, gefolgt von „Txalopin Txalo“, einem schwungvollen Lied in durchgängigem 5/8-Takt, das Kagl im Crescendo an- und wieder abschwellen lässt.
„Dira, Dira“ schließt sich mit permanent quirligen begleitenden Sechzehntel-Ketten an, welche die abwechselnd im Pedal und in der Oberstimme erscheinende Melodie umspielen. Nach kurzer Modula­tion folgt mit „Txakolin“ wieder ein belebterer tänzerischer Satz. Hier erscheint die Melodie erst im Tenor, dann in der Oberstimme, verziert mit Sechzehntel-Girlanden.
Recht melancholisch wirkt „Argizagi Ederra“ mit in Oktaven geführter Melodie in den Außenstimmen. Es folgt ein streichend-schwebender mystischen Absatz sowie beschließend ein Teil mit 4’-Soloregistrierung, bevor „Contrapax“ das Finale der Sammlung einleitet. Nach kurzer Überbrückung von e- nach c-Moll entfaltet sich hier durch ein sich immer stetig steigerndes, die Melodie variierendes, teilweise toccatenhaftes Figurenwerk, unterstützt durch die sich stetig addierende Registration, ein regelrechtes Feuerwerk, welches den Zyklus in strahlendem C-Dur mit „sixte ajoutée“ effektvoll beschließt.
Eine sehr gute Hilfe bei der Interpretation sind neben den Tempo- bzw. Charakter-Überschriften vor allem die detaillierten Registrationsangaben in allen Sätzen. Seltsamerweise erfährt man nichts über die Bedeutung der Titel sowie den Inhalt der den Melodien zugrunde liegenden Texte; dies könnte allerdings auch Absicht gewesen sein, da Stefan Kagl die Lieder lediglich unter musikalischen Aspekten he­rausgesucht hat.
Die Stücke sind, abgesehen von einigen kniffligen Passagen, nicht allzu schwer zu spielen, dabei aber durchaus musikalisch anspruchsvoll und abwechslungsreich. Insgesamt präsentiert der Strube-Verlag hier eine schöne Sammlung geschickt arrangierter baskischer Weisen, die sicher auch jede für sich aus dem Gesamtkontext herausgelöst und in Liturgie und Konzert an passender Stelle Verwendung finden können.

Christian von Blohn