Stellwagen-Orgel zu St. Marien, Stralsund – Die Norddeutsche Orgelkunst, Vol. 2: Danzig

Werke von C. Schmiedtlein (att), P. de Drusina, A. Neunhaber, P. Siefert, E. Hintz, D. M. Gronau, Fr. W. Markull, Fr. Chr. Mohrheim und Th. A. Volckmar

Verlag/Label: Dabringhaus und Grimm MDG 320 1697-2 (2011)
erschienen in: organ 2011/03 , Seite 50

4 Pfeifen

Durch die umfassende Restaurierung der großen Stellwagen-Orgel der Marienkirche in Stralsund 2003 bis 2008 wurde die norddeutsche Orgellandschaft um eine höchst bemerkenswerte Facette bereichert. Haus­organist Martin Rost stellt nun seine Orgel mit einem Programm vor, dessen Komponisten im Danziger Umfeld wirkten. Für die Stralsunder Orgel kann diese Musik durchaus eine gewisse Authentizität beanspruchen, liegt Stralsund doch auf direktem halben Wege zwischen den beiden Hansestädten Lübeck und Danzig.
Neben den bekannteren Werken der Lübecker und Hamburger Schule tritt die nordöstlichere Musik in der Rezeption in den Hintergrund – teils zu Unrecht, wie die kontrapunktisch geschickt gearbeiteten Fantasien Sieferts oder die Choralbearbeitungen von Neunhaber und Hintz zeigen. Dagegen zeigen Gronaus Variationen über „Was Gott tut, das ist wohlgetan“ doch einige Längen, die auf eine allzu schema­tische Figurierung zurückzuführen sind, besonders in der – an sich originellen – Variation für Pedal solo. Weit in den galanten Stil hinein weisen dagegen die Choraltrios des Bach-Schülers Mohrheim.
Martin Rost kennt sein Instrument und entfaltet ein wahres Kaleidos­kop an frühbarocken Farben, die von bestechendem Charme sind, besonders in den Zungenstimmen. Stellwagens Konzept setzt hier weniger auf Monumentalklänge, sondern orientiert sich auch im Plenoklang eher an kammermusikalischer nobilitas und Finesse. Dabei sei nicht verschwiegen, dass die Orgel in den Werken des 17. Jahrhunderts naturgemäß ihre bestechendsten Seiten offenbart. Namentlich in der Sonata von Theophil Andreas Volckmar macht sich die mitteltönige Stimmung an einigen Stellen doch deutlich „bemerkbar“.
Die Spielfreude des Interpreten, der hohe Repertoirewert, die gute Aufnahmetechnik, die den grandiosen Raum schön einfängt, ebenso die makellose Ausstattung des Book­lets machen diese CD zu einer höchst erfreulichen Neuerscheinung.
Axel Wilberg