Tüür, Erkki-Sven (*1959)

Spectrum III für Orgel (1999)

Verlag/Label: Edition Peters 8995
erschienen in: organ 2013/02 , Seite 62

Erkki-Sven Tüür wurde 1959 in Estland geboren. Nach Studien in Flöte und Percussion ließ er sich an der Estnischen Musikakademie in Tallinn von Jaan Rääts in Komposition ausbilden. Das vorliegende Werk von 1999 ist ein typisches Musikstück eines nordischen Komponisten. In Spectrum III werden neuartige Elemente wie Polyrhythmik und Klangschichtungen mit Diatonik und Modalität kombiniert. Insofern entsteht eine ganz eigene Mischung, die sich zwischen Moderne und Tradition bewegt. Ziel ist nicht unbedingt ein „kritisches“ Komponieren, sondern eine Versöhnung unterschiedlicher kompositorischer Elemente.
Zu Beginn baut sich über einem Ostinato im Doppelpedal ein spannender Klang auf. Die Musik gerät langsam in Bewegung. Rhythmische Akkorde setzen ein; mit ihren Wiederholungen und überraschenden Taktwechseln erinnern sie an Elemente der Minimal music. Nach einer Steigerung mit diatonischen und chromatischen Clustern erscheinen Spielfiguren, die sich ebenfalls verdichten. Der Schluss führt in einer A-B-A-Form zurück zu rhythmischen Akkorden. Trotz des vollgriffigen Satzes bleibt die Schwierigkeit der Musik wegen der körperlich nachvollziehbaren Rhythmik überschaubar.
  Als prominenter Auftraggeber findet sich die damals noch auf zeitgenössische Orgelmusik konzentrierte Nürnberger Orgelwoche (ION) sowie die Siemens Stiftung. Das knapp zehnminütige Werk ist auf grade einmal 13 Spielseiten notiert. Tüür verzichtet auf jegliche Registeranweisungen bzw. Werkzuweisungen, so dass die Darstellung auch auf einer kleineren Orgel möglich bleibt.
Der Notensatz in der vorliegenden Ausgabe ist alles in allem nicht professionell ausgearbeitet. Zu Beginn ist Tüürs Handschrift abgedruckt, später ein Computersatz mit handschriftlichen Einträgen bezüglich der Dynamik und des Tempos. Teilweise notiert Tüür Notenköpfe in Kreuzform. Diese Notation wird jedoch nicht näher erläutert, so dass man hier nur Mutmaßungen anstellen kann; ein Glossar fehlt.
Fazit: Beachtenswerte Musik, deren bedauerlich stiefmütter­liche Behandlung in der Notenausgabe zu wünschen übrig lässt.

Dominik Susteck