Giovanni Antonio Cangiasi

Scherzi forastieri

Federico Del Sordo, Orgel, Cembalo & Clavichord

Verlag/Label: Brilliant Classics 96822 (2025)
erschienen in: organ - Journal für die Orgel 2025/03 , Seite 58

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Der römische Organist und Professor an der Accademia della Santa Cecilia, Federico Del Sordo, hat eine Einspielung italienischer Claviermusik vom Beginn des 17. Jahrhunderts vorgelegt, die in mehrfacher Hinsicht bemerkenswert ist. Eine Sammlung von – mutmaß­lichen – instrumentalen Intavolierungen, enthalten in der berühmten Turiner Tabulatur von ca. 1637, mit dem Titel Scherzi forastieri kann dem kaum bekannten Giovanni Antonio Cangiasi (gestorben etwa 1614) zugeschrieben werden. Dies ist insofern inte­ressant, als diese Sammlung ähn­lichen Werken des berühmten Girolamo Frescobaldi – vor allem dessen Fiori musicali – gegenübergestellt werden können.
Giovanni Antonio Cangiasis Leben ist fast unerforscht, man kann lediglich seine Zugehörigkeit zu den franziskanischen Minoriten in Mailand belegen. Ebenso wenig ist über seine Ausbildung und seinen musikalischen Werdegang bekannt, allerdings ist noch ein Druck von 1602 unter dem Titel Il secondo libro di Canzonette a tre voci erhalten geblieben.
Die Scherzi forastieri enthalten insgesamt 21 Canzonen, die teils in mehrere Abschnitte unterteilt sind und ausnahmslos mit Titeln wie La Consigliata, La Marina, La Guerra etc. überschrieben sind. Die kontrapunktische Ausarbeitung erscheint dicht und von hoher Qualität, vielleicht nicht so abwechslungsreich wie bei Frescobaldis Fiori musicali, aber von ähnlich hoher Güte. Insofern kann man von einer willkommenen Erweiterung des zeitgenössischen italienischen Repertoires sprechen.
Wie man solche Musik abwechslungsreich und farbig darstellen kann, beweist Federico Del Sordo schon mit seiner Instrumentenauswahl. Die größere Anzahl der Canzonen wird auf einer hinreißend schönen Orgel von Luca d’Onofrio von ca. 1759 gespielt, wobei Del Sordo es versteht, Einzelstimmen und Ensembles des Instruments ins allerbeste Licht zu rücken. Ich habe selten eine schönere Voce umana gehört; die Flauto in ottava tönt fein wie eine Nachtigall. Überhaupt ist es erstaunlich, wie farbig und in sich unterschiedlich die eigentlich bescheiden angelegte, quasi normierte italienische Barockorgel zu ungemeiner Wirkung kommen kann. Ein Cembalo nach italienischen Vorbildern des 17. Jahrhunderts und ein sehr sprechend klingendes Clavichord nach Michael Praetorius sorgen bei den restlichen Stücken für weitere klangliche Abwechslung.
Federico Del Sordo spielt diese Musik mit großer Hingabe, schönem gestalterischen Ausdruck und zur rechten Zeit mit der passenden Leidenschaft. Die gesangliche Artikulation der manchmal recht dicht geführten Mittelstimmen erlaubt eine klare Durchhörbarkeit der musikalischen Faktur. Ähnliches gilt für den tontechnischen Gesamteindruck.

Christian Brembeck

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