Weckmann, Matthias
Sämtliche Orgelwerke
2 Bände, hg. von Klaus Beckmann
Wann haben Sie zuletzt ein Werk von Matthias Weckmann gespielt? Der Rezensent gesteht, dass es bei ihm schon längere Zeit her ist. Die neue, vom Altmeister der norddeutschen Schule, Klaus Beckmann, redigierte Ausgabe ist allerdings ein schöner Anlass, diese Lücke zu füllen.
Matthias Weckmann wurde nach einem von seinen Zeitgenossen hochgelobten Probespiel 1655 Organist an St. Jacobi in Hamburg, eine prestigeträchtige Stelle, für die nicht umsonst J. S. Bach später Interesse zeigte. Weckmanns Instrument ging fast vollständig im Neubau durch Arp Schnitger auf, so dass auch die heutige Orgel noch einen Eindruck vom Klangbild vermitteln kann, das Weckmann seinerzeit vorfand.
In der Tat vermitteln uns die erhaltenen Kompositionen einen guten Eindruck seiner überragenden Kunst. Namentlich die Choralzyklen stoßen hinsichtlich ihrer formalen Disposition und erheblichen spieltechnischen Anforderungen in Neuland vor. Besonders zu erwähnen sind hier die fast halbstündigen Variationswerke Es ist das Heil uns kommen her und O lux beata Trinitas. Manches Kanontrio erweckt den Eindruck, als könnte es als Vorbild für Bachs Variationen über Vom Himmel hoch gedient haben. Alles in allem großartige Musik, die bei farbiger Registrierung ihre Wirkung nicht verfehlen wird und sicherlich zu schade ist, um als Fußnote des Orgelliteraturkundeunterrichts ihr Dasein zu fristen.
Die Ausgabe ist auf gewohntem Schott-Niveau mit gut lesbarem kritischen Bericht. Die teilweise unorthodoxe Balkung gibt wohl so gut wie möglich Gruppierungen der originalen Tabulatur wieder und richtet sich nach neueren editorischen Gepflogenheiten. Ob das jedem Spieler zusagt, ist Geschmacksache. Letztlich ist und bleibt eine Übertragung aus der Tabulatur in Notenschrift schon ein erster Eingriff in den Urtext. An einigen wenigen Stellen schadet der manchmal gedrängte Notensatz der Übersichtlichkeit.
So steht mit dieser empfehlenswerten Ausgabe der Repertoireerweiterung und -auffrischung nichts mehr im Wege.
Axel Wilberg