Schneider, Enjott

Sacred Music Vol. 7

Requiem „Im Namen der Rose“ / Orgelsinfonie Nr. 9 „Pathétique“

Verlag/Label: Ambiente ACD-3016 (2012)
erschienen in: organ 2012/03 , Seite 55

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Im CD-Booklet schreibt der Komponist Enjott Schneider zur Programmgestaltung: „Thema dieser CD sind Schmerz und Leid in ihrer merkwürdigen Ambivalenz …“ Das Requiem Im Namen der Rose für Countertenor und Orgel legte er in einer zweiten Version für Sopran und Orgel 2011 vor, während die Originalfassung (2002) ursprünglich für Altstimme gedacht war. Der ton­sprachlich-geglättete lyrische Charakter und melodische Fluss passen sich dem geschmeidigen Timbre des Countertenors Valer Barna-Sabadus an, der auch Widmungsträger dieser Komposition ist.
Schneider gliedert das rund 45-minütige Werk mit seinen zwanzig Einzelsätzen symbolträchtig in fünf „Kapitel“. Abwechslungsreich folgt einer schönen „Rose“ jeweils eine unfasslich grausame „Dorne“ (sic!), jeweils mündend in Abschnitte aus der Requiemsliturgie, die ihrerseits von einem Interludium für Orgel abgeschlossen werden. Bereits in dem vorangestellten, mit „Calmo“ überschriebenen „I. Motto“ eröffnet Schneider „Klangräume“, die ein spezifisches „Zeitgefühl“ entstehen lassen und sich dem „Archaischen, Magischen, Mythischen und Mentalen“ zuordnen lassen.
Der 1986 in Arad (Rumänien) geborene und 1991 nach Deutschland übersiedelte Countertenor Valer Barna-Sabadus gestaltet durchweg mit stupender stimmlicher Technik, Dramatik und wohltuend schnörkellosem Gefühl. Faszinierend sind seine glockenhellen Staccato-Töne in „XII. Lacrimosa“ – von der Orgel mit leisen, quasi pizzicato ausgeführten Mixturakkorden gestützt, ebenso sein poetisch-zarter Abschluss der vierten Rose „Lust“: die Orgel zitiert hier das Sehnsuchtsmotiv aus Wagners Tristan und Isolde. Plastische Diktion kennzeichnet die vierte „Dorne“: „Pfählung“, mit „so schnell als möglich“ skandiertem Text. Johannes Skudlik erweist sich als durchweg aufmerksamer, grundsolider Begleiter. Überzeugend fügt er motivische Gesten bzw. Gebärden in den musikalischen Kontext diffus schwebender Klangflächen ein. Rhythmische Passagen, wie in der „dritten Dorne“: „Bestrafungen“, wirken durch gleichzeitiges „auf Holz klopfen“ und „mouth percussion“ noch eindringlicher. Dazwischen gestaltet die Orgel den Gesamtkontext verbindende Interludien.
Schneiders Orgelsinfonie Nr. 9 Pathétique vermag die klanglichen Ressourcen der 2003 klanglich erweiterten viermanualigen Orgel der Stadtpfarrkirche Mariae Himmelfahrt in Landsberg am Lech in ihrer heutigen Dispositions- und Klanggestalt umfassend abzubilden. Von Gerhard Schmid / Kaufbeuren in den Jahren 1979-83 im neobarocken Stil erbaut, erfuhr das Instrument durch OBM Siegfried Schmid eine entsprechende gründliche ästhetische Neuausrichtung. Melodische Kantilenen werden auf Quintade 8’ oder alternativ auf der 2003 zugebauten Flûte harmonique 8’ bzw. dem Hautbois 8’ vorgetragen. Virtuose Passagen, Zeichen „eines inneren Kampfes“, bewältigt Skudlik ebenfalls souverän, mit sensibler Agogik gestaltend.
Nicht zuletzt überzeugt die Produktion aufgrund der gelungenen räumlichen Aufnahmetechnik und einem informativen Booklet (D/E) mit Bild- und Textdokumenten.

Jürgen Geiger