Hakim, Naji

Römisches Triptychon

Meditationen nach Gedichten von Johannes Paul II für Sopran und Orgel

Verlag/Label: Schott Music, ED 21104
erschienen in: organ 2013/01 , Seite 62

Der vergleichsweise (noch) geringe Bekanntheitsgrad des literarischen und philosophischen Werks von Johannes Paul II. veranlasste das Frankfurter „Haus am Dom“, zu dessen 5. Todestag am 5. April 2010 erstmalig im Bistum Limburg eine Komposition geistlicher Musik in Auftrag zu geben. Textvorlage war das Römische Tryptichon, Meditationen des Papstes über einen Bergbach, einzelne Motive aus den Gemälden Michelangelos in der Sixtina und die biblische Geschichte von der Bindung Isaaks auf dem Berg Morija.
In Auftrag gegeben wurde das Werk für Sopran und Orgel bei Naji Hakim, aus dessen Feder neben zahlreichen Orgelwerken auch Kompositionen geistlichen Inhalts existieren, u. a. das Oratorium Saulus. Hakim selbst schreibt: „Die Meditationen […] haben mich mit ihrer Tiefe, Einfachheit und Ausdruckskraft in meiner Seele berührt. Ich wollte die Gedichte auswählen, in denen ich ein Echo oder eine Fortsetzung meiner eigenen Theologie fand …“ Das ca. dreißigminütige Werk nähert sich dem Text mit den geläufigen Mitteln des mu­sikalischen Impressionismus, in dem sich romantisches Akkordmaterial mit zahlreichen hinzugefügten Tönen, rhapsodischer Gestus und ausladende Arabesken ganz im Stile eines Claude Debussy zu einem apart schillernden Mosaik-Ganzen zusammenfügen.
In den beiden Sätzen „Staunen“ und „Die Quelle“ aus der ersten Tafel „Der Bergbach“ dienen quirlige Akkordarpeggien quasi als lautmalerisches Leitmotiv des sprudelnden Wassers und bringen im Wechsel mit rezitativischen Passagen reizvolle klangliche Wirkungen hervor. In den beiden Sätzen zur zweiten Tafel „Meditationen über das Buch Genesis an der Schwelle zur Sixtinischen Kapelle“ sind es charakteristische harmonische und thematische Bezüge, die diesen eher abstrakten Teil strukturieren. Die Stücke der dritten Tafel „Der Berg im Lande Morija“ schließlich (ent-) führen mit archaisierenden Wendungen und pulsierenden Rhythmen in die Gedankenwelt des Alten Testaments, um schließlich die Verheißung des ewigen Lebens in einer effektvollen Steigerung aufleuchten zu lassen.
Das Werk, das durchaus so angelegt ist, dass gute Textverständlichkeit erzielt werden kann (was bei der Uraufführung im sehr resonanzfreudigen Frankfurter Kaiserdom offenbar der Fall war) ist auf mittelgroßen und dynamisch-flexiblen Orgeln gut zu realisieren. Die Anforderungen des Gesangsparts (Umfang c’-a’’) sind sicherlich höher als die der Orgelstimme, bei der Hakim um technische und spielerische Konventionen weiß. Im Ganzen ein ansprechendes, gut zu realisierendes Werk, welches in Konzertprogrammen einen neuen, unkonventionellen „geistlichen“ Akzent zu setzen vermag.

Christoph Kuhlmann