Schmidt, Franz
Präludium und Fuge A-Dur für Orgel (1934) / Choralvorspiel “Der Heiland ist erstanden” für Orgel (1934)
hg. von Rudolf Scholz
Franz Schmidt (1874-1939), Schüler Anton Bruckners, gehört als Nach-Romantiker zu den wohl wichtigsten Vorbereitern der Orgelbewegung in Österreich. Seine Orgelwerke konnten jedoch mit Ausnahme des harmonisch süffigen Halleluja-Präludiums nie die Popularität der Orgelmusik von Max Reger oder Sigfrid Karg-Elert erlangen. Ein Grund hierfür mag darin liegen, dass Schmidt, so Alois Forer, seinen Anlagen nach absoluter Musiker war, dessen musikalisches Streben ihn immer wieder zur objektivsten, der Orgelkunst hingezogen habe. So ist Schmidt auf der Orgel in erster Linie ein Neoklassiker, die Orgel bei ihm ein durch und durch polyphones Instrument. Sein musikalischer Objektivismus manifestiert sich in seinen in strenger kontrapunktischer Durchdringung am klassischen Formenkanon orientierten Kompositionen.
Tonart und thematische Substanz verleihen Präludium und Fuge A-Dur (1934 uraufgeführt) zusammen mit dem wiegenden Rhythmus pastoralen Charakter. Gleichwohl ist Schmidt weit davon entfernt, eine naiv-unbeschwerte Weihnachtsidylle zu servieren. Die kantilenenartig angelegte Oberstimme kommt mitunter in ihrer Intervallfolge kantig daher; die beiden Stimmen in der linken Hand hinterlassen zuweilen beim Hörer einen arg ungelenken Eindruck infolge eines zu sprunghafter Intervallik neigenden Satzbildes, das zur bloßen Essenz ausgedünnt scheint. Die Fuge ist mit stringenter Konsequenz auf dynamische Steigerung aus, meidet am Ende jedoch überladenen Bombast. Spieltechnisch nicht allzu schwer, gilt es dennoch manche Klippen zu überwinden, bei denen OrganistInnen mit großer Spannweite der Hände eindeutig im Vorteil sind. So ist das Werk als Kontrapunkt zu weihnachtlicher Terzenseligkeit gewiss eine brauchbare Alternative; nicht unbedingt aber, um neue Hörerklientel für die Orgel ad hoc zu begeistern.
Das Choralvorspiel Der Heiland ist erstanden bietet weit mehr, als der Titel suggerieren mag. Es handelt sich hierbei um eine an barocke Vorbilder angelehnte regelrechte Choralfantasie mit fünf Variationen, denen eine Grave-Introduktion vorangestellt ist. Am Beginn Lautmalerisches à la Reger düster vom Dunkel zum Licht sich emporschwingende Sechzehntel-Ketten zu majestätischen fff-Akkorden. Im weiteren Verlauf dominiert ein lineares Satzbild, das musikalisch allerdings einen recht spröden Osterjubel vermittelt
Wenn Schmidt in der Orgelkunst also die objektivste, weil absolute [polyphone] Musik zu finden glaubte, dann allerdings um den Preis einer weitgehend entseelten, analytischen Klangästhetik, die den einseitigen Radikalismen der Orgelbewegung in Österreich sowohl substanziell als auch historisch vehement Vorschub leistete. Auch dieses Werk dürfte es folglich heutzutage nicht ganz einfach haben, ein größeres Orgelpublikum für sich einzunehmen.
Wolfgang Valerius