Muffat, Gottlieb

Pastorellen für Orgel (Cembalo)

hg. von Erich Benedikt

Verlag/Label: Doblinger Diletto Musicale, DM 1417
erschienen in: organ 2014/01 , Seite 62

Es berührt durchaus sympathisch, dass sich Herausgeber und Verlag mit Gottlieb Muffat einem Wiener Hoforganisten widmen, dessen Tas­tenmusik bislang nur teilweise veröffentlicht war.
Die Capriccios entstammen größ­tenteils der Bibliothek des Wiener Minoritenkonvents; die beiden mehrsätzigen Pastorellen sind in einer Handschrift der Berliner Singakademie enthalten, die 2002 in der Ukraine aufgefunden wurde. Im Band mit den Pastorellen sind weiterhin bereits bekannte Pastoralsätze aus den 72 Versetln enthalten und eine Bearbeitung einer Pastorella für Streicher als Orgeltrio.
Die Ausgabe ist tadellos, wie man es von dem renommierten Verlagshaus gewohnt ist, und entspricht modernen Standards. Druck und Papierqualität lassen nichts zu wünschen übrig. Dem knappen – nichtsdestotrotz informativen – Vorwort ist eine Verzierungstabelle beigegeben, den Capriccios auch ein kritischer Bericht.
Was allerdings die Musik selbst betrifft, bleibt Gottlieb Muffat qualitativ deutlich hinter seinem Vater Georg zurück. Mehrere der Capriccios und Preludes erwecken den Eindruck aufgeschriebener Improvisationen, einem akkordisch notierten Arpeggiando-Abschnitt folgen einige Tonleitern oder Sequenzen nach üblichem spätbarockem Mus­ter. Viele der Sätzchen kommen nicht über den Umfang einer Seite hinaus. Ähnlich schwach präsentieren sich die Pastorellen. Der pastorale Charakter wird vor allem durch die exzessive Anwendung von Dreiklangsmelodik, durch naive Wiederholungen und schlichte Sequenzierungen hervorgerufen. Den oft als typisch empfundenen Dreiertakt verwendet Muffat nur ausnahmsweise. Auch hier finden sich rhythmische Monotonie und ein starres Festhalten an einem einmal gefundenen Bewegungsmuster. Um es auf den Punkt zu bringen: Dieser Musik fehlt in weiten Teilen schlichtweg die Idee, die Inspira­tion.
Ohne Zweifel wird das eine oder andere substanziellere und längere Stück an einer wohlklingenden his­torischen Orgel und unter den Händen eines geistvollen Spielers einen gewissen Reiz erlangen, unbedingt kennen muss man die Werke wohl nicht.

Axel Wilberg