Hakim, Naji

Påskeblomst für Streicher / Concerti Nr. 1,3 für Orgel und Streichorchester / Esquisses grégoriennes für Orgel

Verlag/Label: Alba SACD ABCD 285 (2010)
erschienen in: organ 2011/02 , Seite 57

4 Pfeifen

Wie fügt sich die musikalische Satzfaktur der hier erstmalig eingespielten Neukompositionen strukturell eigentlich genauer zusammen? Es handelt sich um eine eigentümlich bis einzigartige Mélange unterschiedlichster Einzelfacetten, Elemente aus der orientalischen Musik mit eindeutig europäischen, genauer gesagt französisch-symphonischen Satz- und Formprinzipien aus den letzten beiden Jahrhunderten. Dabei bewahrheitet sich bei Naji Hakim freilich stets der Grundsatz, dass das auf diese eigentümliche Weise buchstäblich Kom-ponierte (lat. componere = zusammenfügen) weitaus mehr darstellt als die Summe seiner Einzelaspekte. Man bemerkt (besonders in den beiden eingespielten Concerti für Orgel und Streichorchester) eine vitale Präferenz des Komponisten für die klar umrissenen klassizistischen bzw. expressionistischen Formprinzipien der Pariser „Group des Six“ sowie insbesondere bei dem Streicherzyk­lus Påskeblomst und den Esquisses grégoriennes für die erweiterte tonale Harmonik des frühen Olivier Messiaen, dessen unmittelbarer Nachfolger Hakim am Spieltisch der Pariser Trinité für 15 Jahre war.
Hakims stets kurzweilige, dabei niemals wirklich moderne oder gar avangardistische, ebenso wenig allerdings „alt“ oder gar akademisch-verstaubt anmutende Musik wird hier in tadelloser Weise dargeboten. Jan Lehtola, seit jeher mit der Musik Hakims bestens vertraut, präsentiert eine spieltechnisch makellose, geschmackvolle Interpretation der gregorianisch inspirierten Esquisses. Deren skizzenhafter Fresko-Gestus ist unter Umständen auch so zu deuten, dass die Esquisses zugleich als Muster für eigene Orgelimprovisationen dienen könnten. Zudem erweist sich Lehtola als ein absolut verlässlicher und spielerisch hochpotenter solistischer Partner beim Ensemblespiel mit den Streichern (hier hätten sich lediglich einige intonatorische „Schnitzer“ in den Celli tontechnisch vielleicht noch ausmerzen lassen …). Die Interpretation der Påskeblomst-Variationen hingegen ist berückend schön.
Die Paschen-Orgel der Kirche im finnischen Juva klingt bestens ausgepegelt und verschwimmt nie im Streicherklang. Im CD-Booklet der SACD finden sich alle wichtigen Informationen zu Repertoire und Instrument. Alles in allem eine unbedingte Kaufempfehlung für alle Fans der Musik von Naji Hakim.
Jörg Abbing