Holliger, Heinz

Partita

Fassung für Orgel von Bernhard Haas

Verlag/Label: Schott Music ED 21650
erschienen in: organ 2017/03 , Seite 55

Die vorliegende Ausgabe besticht durch Schönheit und Genauigkeit, auch wenn diese Partitur am Instrument nicht einfach zu bewältigen ist. Zudem ist der Ambitus im Manual hier bis zum c’’’’ ausgeführt, wodurch eine „notengetreue“ Aufführung an einigen Orgeln ausscheidet.
Die Partita von Heinz Holliger ist ursprünglich 1999 für Klavier solo komponiert und wurde in der vorliegenden Fassung von Bernhard Haas für die Orgel eingerichtet. Insofern erahnt der kundige Musiker auch ihre Herausforderungen, die in waghalsigen Sprüngen, Bewegungen und Läufen bestehen. Für die Orgel besteht bei dieser Musik ein Nachteil: Die Musik bleibt auf eine unvermittelte Weise stets sehr „direkt“, da sie weder durch längere Haltepunkte noch durch Hintergrundklänge „abgerundet“ wird. Holliger ist auf der Oboe für sein virtuoses Spiel bekannt, das sich gleichfalls in der Klavier- und Orgelpartitur widerspiegelt. Obwohl die bewegte Musik spieltechnische Flexibilität und insbesondere virtuoses Pedalspiel verlangt, lässt sie sich insofern gut bewerkstelligen, da über weite Strecken oft nur eine Stimme pro Hand und Pedal ausgeführt wurde.
Die beiden Ecksätze „Fuga“ und „Ciacona monoritmica“ sind Triosätze mit großen Tonumfängen und Sprüngen. Haas stellt im Vorwort die Klarheit der selbstständigen Stimmen als Qualität heraus. Sie ließen sich auf der Orgel besser transparent durchleuchten als auf dem Klavier. Im „Petit Csárdás obstiné“ nutzt Haas die Möglichkeit, die durchlaufende Begleitung in Septolen ins Pedal zu verlegen. Die Hauptstimme, verteilt auf beide Hände, kommt so deutlicher zur Geltung. Das Pedal schwingt sich in eine gleichmäßige Bewegung ein. Die „Barcarola“ steigert sich farbig durch verschiedene Notenwerte bis hin zu Akkordkaskaden und Clus­tern. Spannend wird die Frage nach einer Bearbeitung vor allem immer an den Stellen, die sich eben nicht so einfach, quasi 1 : 1 auf die Orgel übertragen lassen. So spielt in der Originalfassung der „Fuga“ der Nachklang des Klaviertons eine konstruktive Rolle, die durch den Gebrauch des mittleren Pedals verstärkt werden kann. Diese wurden in der Frühfassung der Bearbeitung auf dem Schwellwerk in einem leisen Register gehalten. Auf Anregung des Komponisten wurden in der jetzigen Fassung Varianten eingebaut. Einige crescendieren, andere werden mit zwei Schwellern gegeneinander variiert.
Haas hat außerdem zwei Sätze der Partita weggelassen, die interpretationstechnisch mit dem Inneren des Flügels arbeiten. Insofern fehlen hier auch die ruhigeren Sätze. Die Partita kommt in ihrer (gekürzten) viersätzigen Form auf ca. 20 Minuten Spieldauer. Allerdings lassen sich die Sätze auch jederzeit als Einzelaufführungen präsentieren. Der Arrangeur besorgte die Uraufführung der Orgelfassung 2001 im Wiener Konzerthaus sowie weitere Aufführungen in München, Tübingen und Bad Cannstatt. Insgesamt ist die Musik auch auf der Orgel eine gleichermaßen spannende He­rausforderung für Spieler und Hörer.

Dominik Susteck