Johann Nepomuk David

Orgelwerke, Vol. 3

Roman Summereder an der Bruckner-Orgel der Stiftsbasilika St. Florian, Linz (Österreich); Cornelia Horak, Sopran

Verlag/Label: Ambiente Audio, ACD-2045 (2022)
erschienen in: organ - Journal für die Orgel 2023/01 , Seite 62

Beste Wertung: 5 von 5 Pfeifen

Es bedarf schon einer gewaltigen Kraftanstrengung, sich dem Orgelwerk von Johann Nepomuk David intensiv zu widmen und sich mit ihm auseinanderzusetzen; wenn auch nicht im Rahmen einer Gesamteinspielung, aber dennoch in einer Edition mit zahlreichen ausgewählten Kompositionen. So geschehen durch den österreichischen Orga­nis­ten Roman Summereder. Im Mittelpunkt seiner bisherigen und der vorliegenden Aufnahmen steht zu Recht die große Bruckner-Orgel im Stift St. Florian, denn zu diesem Instrument hatte David eine direkte, persönliche Beziehung. Insofern könnte man fast geneigt sein, von einer authentischen Einspielung zu sprechen. Doch es wäre zu kurz gegriffen, Davids Lebenswerk nur auf diese Orgel zu reduzieren, da die Werkauswahl von Vol. 3 nicht nur fulminante Stücke sinfonischen Zuschnitts, sondern auch sehr viel Intimes beinhaltet. Mit Recht verweist der Interpret dabei auf das Orgelpositiv von Gottfried Silbermann im Musikinstrumenten–Museum zu Leipzig, das David mit Sicherheit kannte, das zwar zu seiner Leipziger Zeit noch als ein Werk von Zacharias Hildebrandt galt und das ihn eventuell für die Advents­partita „Es kommt ein Schiff geladen“ inspiriert hat. Insofern hätte eine Aufnahme dieser Partita an jenem Ort der CD einen besonderen Kick verliehen.
Summereder geht alle Kompositionen mit großem Elan, technischer Brillanz und musikalischem Spürsinn für delikate Registrierungen an, so dass es ein Erlebnis ist, in diese expressionistische Klangwelt mit den vielfältigsten und außergewöhnlichen Strukturen einzutauchen. Dabei wird deutlich, welche kompositorische Entwicklung David in der Zeitspanne zwischen 1935, als er Fantasie und Fuge C-Dur zu Papier brachte, und dem Jahr 1970 nahm. In diesem letzten Lebens­abschnitt vor seinem Tod näherte er sich auf sehr individuelle Art der Gedankenwelt und expressiven Lyrik Friedrich Hölderlins mit einem Triptychon, ursprünglich unter dem Titel Für Hölderlin. Dazwischen steht Davids späte Auseinandersetzung mit der Zwölftontechnik in der Partita über B-A-C-H, aus der Summereder nur die Sätze I, VII und VIII eingespielt hat. Die Gesamtaufführung hätte vermutlich den Rahmen der CD gesprengt.
Ein Schwergewicht der Aufnahmen stellt natürlich die Partita „Es ist ein Schnitter, heißt der Tod“ dar, deren fulminante Interpretation, gepaart mit Klarheit und ausgefeilten Registrierungen, tief beeindruckt. Einen besonderen Leckerbissen serviert er darüber hinaus mit den Liedern geistlicher Liebe der Mechthild von Magdeburg. Dabei steht ihm Cornelia Horak mit ihrem schlanken Sopran als kongeniale Partnerin zur Seite und verleiht der CD eine besondere Facette. Es sind reizvolle Miniaturen, die jeweils als Vierzeiler ein Hohelied auf die Liebe singen, intim von der Orgel begleitet. Unter dem Hölderlin-Zitat „Täglich muss ich die verschwundene Gottheit wieder rufen“ führt Summer­eder im Book­let detailliert in die eingespielten Werke und ihren zeitgeschichtlichen Hintergrund ein. Damit verleiht er dem Ganzen eine starke, instruktive und informative Aussagekraft. Eine sehr empfehlenswerte CD.

Felix Friedrich