Tambling, Christopher (*1964)

Orgelwerke, Heft 2: Very British

Acht Stücke / Eight Pieces. Reihe Orgelmusik aus England und Amerika, Band 31

Verlag/Label: Dr. J. Butz Musikverlag 2550
erschienen in: organ 2013/04 , Seite 60

Orgelmusik aus dem angelsächsischen Raum im weitesten Sinne hat in Deutschland derzeit eine gewisse Konjunktur. Am Anfang der entsprechenden Notenpublikationen im Bonner Butz-Verlag standen zwei Bände, die höchst anspruchsvolle Orgelbearbeitungen Mendelssohn’­scher Klavier- und Orchesterwerke aus der Feder des legendären eng­lischen Konzertorganisten Thomas William Best auf dem deutschen Markt zugänglich machten. Heraus­geber war Johannes Geffert (Köln), der aufgrund seiner Orgelstudien bei Nicolas Kynaston (London) für diese Aufgabe geradezu prädestiniert war. Abgesehen von wenigen Ausnahmen fanden die darin enthaltenen Stücke indes nur selten Eingang ins Konzertrepertoire versierter Organisten.
Nun hat man mit der vor einigen Jahren begründeten Reihe Orgelmusik aus England und Amerika, die ebenfalls durch Geffert editorisch betreut wird, den Nerv der Zeit getroffen. Allein die enorm gestiegene Zahl weitgehend original erhaltener Instrumente, die den Weg über den Kanal aufs Festland gefunden haben, zeugen von der augenblicklichen Begeisterung für die britische Orgelkultur.
Die inzwischen auf über dreißig Bände angewachsene Reihe präsentiert mit den beiden vorliegenden Ausgaben zwei typische Vertreter ansprechender „Gebrauchsmusik“. Besonders Christopher Tambling, verantwortlich für das vielfältige Musikangebot der nahe Bath gelegenen römisch-katholischen Down­side School bzw. Abbey, steht mit seinen Kompositionen – speziell auch für die katholische Liturgie – für diese Mode. Gemäßigt modern in der Tonsprache, bedient sich der 1964 geborene Komponist einer gefälligen, in der Neoromantik beheimateten Harmonik, die er zuweilen mit sperrigen Metren garniert. Die spieltechnischen Anforderungen sind dabei im Hinblick auf den „Gebrauchswert“ und die anvisierte Zielgruppe moderat.
Der blinde englische Konzertorganist William Wolstenholme galt als recht produktiver Komponist, der den organistischen Orgelmusik-Output seiner Epoche mit typischen Genrestücken des post-viktorianischen Geschmacks steigerte. Zu Lebzeiten viel gespielt, war seine Musik wie auch die seiner Kollegen, etwa seines Freundes Alfred Hollins, größtenteils jedoch aus der Mode gekommen. Die hier von Richard Brasier ausgewählten Werke Wolstenholmes zeigen einen Querschnitt seines Œu­vres, angefangen bei kleinen Prima-vista-Stückchen bis hin zur ausladenden Concert Ou­verture No. 2. Technisch stellt dieses 1907 entstandene Opus 61 sicherlich keine Herausforderung für versierte Organisten dar. Wer sich diesem Werk aber annimmt, der sollte darin mehr als nur eine „Fingerübung“ sehen.
Beide Bände sind in ansprechender Druckqualität aufbereitet und dem am britischen Kulturgut „Orgel“ Interessierten zu empfehlen.

Wolfgang Valerius